Am Tübinger Europaplatz eröffnet das LTT sein musikalisches Sommertheater furios mit „Sex and Drugs and Schlagertraum“
Eine musikalische Komödie im Epizentrum zwischen ESC und Punkrock von Jörg Wockenfuß und Nicolas Schwarzbürger · 6 +
Deutschlandfunk - Kultur heute, 2. Juli 2025
Sex, Schlager und „Faust“ – Das Sommertheater in Tübingen
(von Christian Gampert)
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cul-tu-re.de, 27. Juni 2025
LTT-Sommertheater – Eine rasante Sause
(von Martin Bernklau)
Am Tübinger Europaplatz eröffnet das LTT sein musikalisches Sommertheater furios mit „Sex and Drugs and Schlagertraum“
Reutlinger General-Anzeiger, 27. Juni 2025
Hitzig-entspannter Musik-Battle: Das LTT spielt »Sex and Drugs and Schlagertraum«
(von Christoph B. Ströhle)
Standing Ovations gab's bei der Premiere von »Sex and Drugs and Schlagertraum« auf dem Tübinger Europaplatz. Das LTT lässt in der musikalischen Komödie noch bis zum 27. Juli Schlager und Punk aufeinanderprallen.
»Hossa! Hossa!«? Oder doch eher »Lust For Life«? Auf dem Tübinger Europaplatz prallen musikalische Welten aufeinander, viereinhalb Wochen lang. Das Landestheater Tübingen (LTT) hat dort am Donnerstagabend mit dem diesjährigen Sommertheater Premiere gefeiert. »Sex and Drugs and Schlagertraum« heißt das Stück und ist bei vielfältigen Anspielungen und Anleihen - etwa bei Goethes »Faust« - vor allem eins: ein Battle der Ohrwürmer, die lustvoll und launig auf die Bühne gebracht werden. Dafür sorgt neben einem spielfreudigen LTT-Ensemble die vierköpfige Band aus Jörg Wockenfuß (musikalische Leitung), David Bartelt, Richard Eisenach und Julian Müller.
Wockenfuß hat die »musikalische Komödie im Epizentrum zwischen ESC und Punkrock« zusammen mit Nicolas Schwarzbürger erdacht, LTT-Intendant Thorsten Weckherlin hat sie mit vielen schrillen und wenig leisen Momenten inszeniert und Anja Bosch mit Genres sprengenden Choreografien angereichert.
Zeitreise mit Kinderkarussell
Rolph Kugel, in dem man unschwer Ralph Siegel erkennen kann, hat im Stück als Hitproduzent ausgedient. Dass er mal »Mister Grand Prix« war - vergessen. Er fühlt sich zu Unrecht ignoriert, den Eurovision Song Contest auf einem Irrweg und würde seine Seele für den nächsten großen Hit verkaufen. Er beschwört einen Geist herauf, mit dem er nicht gerechnet hat: Iggy Pop, »Godfather of Punk«, der als Pudel in Mephisto-Manier (und dem Song »I Wanna Be Your Dog«) die Bühne betritt und mit Rolph Kugel einen Pakt schmiedet. Dafür gehen beide auf Zeitreise (mit einem Kinderkarussell als Transportmittel), und der Schlagerkomponist verguckt sich. Nicht in Gretchen, sondern in Debbie Harry von der Band Blondie. Es kommt zu musikalischen Annäherungen, wobei Kugel - Ohrwürmer hin oder her - doch auf einem schlecht gealterten Bild davon beharrt, was einen echten Schlager ausmacht.
Die Faust-Analogie dient als roter Faden, sollte aber nicht überbewertet werden. Da ist auch viel Bühnennebel, um nicht zu sagen: Blendwerk im Spiel. Und jede Menge Satire. Die sich wiederum als treffsicherer erweist als Kugels Ich-schreib-nochmal-den-großen-Hit-Obsession.
Musik der Sex Pistols und von Abba
Die Rahmenhandlung ist vor allem ein Vorwand für wunderbare Begegnungen. Mit der Musik von Patti Smith, AC/DC, den Ramones, Billy Idol, den Sex Pistols oder The Clash. Und mit Klängen, die für den ESC-Hitkosmos stehen wie Abbas »Waterloo«, Ralph Siegels für die Gruppe Wind geschriebenes »Lass die Sonne in dein Herz« oder auch Udo Jürgens' »Merci, Chérie«.
Gilbert Mieroph gibt dem von ihm verkörperten Rolph Kugel eine Mischung aus naiver Ungläubigkeit und permanenter Selbstüberschätzung. Franziska Beyer könnte man sich als Iggy Pop nicht cooler und abgeklärter wünschen. Robi Tissi Graf meidet als Debbie Harry das Sentimentale - und kitzelt mit ihrer Stimme doch Empfindungen wie Wehmut, Romantik und Nostalgie bei den Zuhörerinnen und Zuhörern heraus.
Streitgespräch zwischen Kugel und Beuys
Zu den Begegnungen gehören solche im New Yorker Punk-Club CBGB, im Londoner Roxy, in dem sich die britischen Punk-Bands die Klinke in die Hand gaben, und in der »Mausefalle« in Stuttgarts Tübinger Straße, w
o man die Vitalität der Szene erleben konnte. Zwischen Rolph Kugel und Joseph Beuys (verkörpert von Jonas Hellenkemper, der an anderer Stelle auch hingebungsvoll den Tübinger Schlagerbarden Dieter Thomas Kuhn gibt) entspinnt sich ein Streitgespräch darüber, was den Menschen als Künstler ausmacht. Eine Konfrontation, die Laune macht und sich, bevor sie ins Bierernste abgleitet, in die Posse flüchtet. Beuys' Ausflug ins politische Lied mit »Sonne statt Reagan« - 1982 unterstützte er damit die noch junge Partei Die Grünen und die Friedensbewegung - gehört zu den eher befremdlichen Momenten des Abends.
Insa Jebens, Andreas Guglielmetti und Rosalba Salomon überzeugen wie die übrigen Darstellerinnen und Darsteller mit starken Sangesleistungen. Katharina Engelmann hat als »Conchita aus der Asche« einen überwältigenden Auftritt. Und Sabine Weithöner und Susanne Weckerle haben als (mehr konzeptionell als äußerlich) aus der »Muppet Show« entlehnte Figuren Waldorf und Statler, wie man es Schwäbisch nennen würde, eine Schwertgosch. Aber auch den Rhythmus in den Beinen, wenn es ums Tanzen zur Musik in wechselnden Stilen geht.
Schwäbisches Tagblatt, 27. Juni 2025
Vom Schlagerhimmel in den Punkschuppen
(von Moritz Siebert)
Es ist laut, bunt und eine große Hommage an die Geschichte von Punk und Schlager. Bis Ende Juli zeigt das LTT das Stück „Sex and Drugs and Schlagertraum“ auf dem Tübinger Europaplatz.