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Familienstück nach Lewis Carroll · Bühnenfassung: Junges LTT
6+
Reutlinger General-Anzeiger, 11. November 2019
(von Armin Knauer)
Das Junge LTT bringt Lewis Carrolls Klassiker „Alice im Wunderland“ für die ganze Familie auf die Bühne.
[…] Kinder ab sechs werden sich bei dem turbulenten Geschehen genauso amüsieren wie Erwachsene. Oda Zuschneid, der Leiterin des Jungen LTT, gelingt als Regisseurin ein bemerkenswertes Kunststück. In ihrer Inszenierung stellt sich die typische Atmosphäre von Carrolls Geschichte ein – trotzdem wirkt das Stück bei ihr nicht altmodisch, sondern ganz modern. […] So erleben Kinder wie Erwachsene in dieser Produktion eine Geschichte, die ein Appell an die Fantasie ist – in einer Inszenierung, die ihrerseits an die Fantasie der Zuschauer appelliert. Lewis Carroll hätte sicher seine Freude an diesen kurzweiligen 80 Minuten.
Schwäbisches Tagblatt, 9. November 2019
Die Welt am Ende des Kaninchenlochs
(von Dorothee Hermann)
Mit seiner temporeichen und skurrilen Bearbeitung von „Alice im Wunderland“ zeigt das Junge LTT, welchen Zauber das Theater auch einem scheinbar bekannten Stoff verleihen kann.
Einen auf der ganzen Welt bekannten Kinderbuchklassiker noch einmal auf die Bühne zu bringen, ist ein Wagnis. Doch der neuen Inszenierung von „Alice im Wunderland“ nach Lewis Carroll am Jungen LTT gelingt es, den Abenteuern des neugierigen Mädchens aus dem 19. Jahrhundert wieder die Frische des Unerwarteten zu geben (Regie: Oda Zuschneid).
Der magische Sog entsteht auch dadurch, dass Alice (Kristin Scheinhütte) so schön staunen kann (rundäugig wie ein Eichhörnchen) und die Zuschauer gleichfalls zum Staunen bringt. Angesichts von immer neuen verrückten Erlebnissen hört sie nicht auf, Fragen zu stellen, die die nächste Serie von Abenteuern beziehungsweise von skurrilen Missverständnissen in Gang setzen. Noch besser als beim Lesen des Buches kann man auf der Bühne beispielsweise beobachten, wie Alice sich schrumpft, um durch eine sehr kleine Tür zu kommen. Auch ihre Stimme wird dabei immer winziger und quäkender.
Allein wie der Sturz des Mädchens durch das Kaninchenloch in Szene gesetzt wird, ist so wirbelnd bunt (Bühne und Kostüm: Caroline Stauch), dass nicht nur kleine Theaterbesucher ihre Freude daran haben dürften.
Der See der Tränen breitet sich ganz ohne Wasser aus, wirkt aber dennoch glaubhaft flüssig und reflektiert sogar das Licht wie ein echtes Gewässer, wenn der Wind darüber streicht. Wenn es manchmal ein bisschen unheimlich wird, etwa wenn Alice aus dem Gebüsch Geräusche hört, liegt das an den stimmigen Sounds von Michael Lohmann (auch Musik).
Als der Farbenwirbel des schier unendlichen Falls durch das Kaninchenloch aufhört und das Mädchen in dem altmodischen Kleid etwas unsanft auf festem Boden aufkommt, versichert sie sogleich: „Der Sturz hat mir überhaupt nichts ausgemacht. Ich bin sofort wieder auf den Beinen.“ Da waren empfindsamere Zuschauer gleich wieder beruhigt.
Wenn Alice gar nicht mehr weiter weiß, spricht sie mit sich selbst, bis sie sich wieder sortiert hat. Bekanntlich fallen dabei unsterbliche Sätze wie „Das heißt, wer ich heute früh beim Aufstehen war, weiß ich schon.“ Die falsche Schildkröte hat offenbar ähnliche Probleme und versichert: „Einst war ich echt.“
Doch auch wer nicht nur solche Wortspielereien mag, sondern echte Action sehen will, kommt auf seine Kosten: Unter anderem gibt es eine Verfolgungsjagd und eine folgenreiche Enthüllung, nach der Alice ihr Gastrecht im abgedrehten Untergrund beinahe endgültig verwirkt.
Selbstverständlich bietet die Inszenierung auch ein Wiedersehen mit fast sprichwörtlich gewordenen Figuren wie dem Ei Humpty Dumpty (Insa Jebens), dem Kaninchen im Frack oder der strengen Herzogin.
Die Grinsekatze kauert leider nicht auf einem Ast und schaut auch eher mürrisch drein, ist aber genauso frech zu der ratlosen Alice wie im Buch. Rupert Hausner bringt als Königin einen Hauch von Drag auf die Bühne.
Auf jeden Fall macht das Stück aufs Schönste klar, dass hinter dem Theatervorhang mit jeder neuen Vorstellung das wilde, verrückte Durcheinander wartet, dem die unerschrockene Alice seit ihrem ersten Erscheinen 1864 jenseits des Kaninchenlochs begegnet ist. Die Tübinger Version hat großartige Momente, die wildes Kreischen oder allgemeines Kichern im Publikum auslösen.
Unterm Strich
Entfaltet eine verrückte, bunte Zauberwelt um Alice und die anderen seltsamen Figuren aus dem Wunderland, die sich so merkwürdig verhalten und so merkwürdig reden. Fährt fantastische Tableaus auf, so prächtig wie herrlich abgedreht (auch mit Elementen von Musical und Tanz). Nicht nur der Teetisch des verrückten Hutmachers verweist kindgerecht auf die typisch englische Exzentrik.