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Uraufführung von Konstantin Küspert
Reutlinger General-Anzeiger, 28. März 2017
Fanatische Fanatismus-Bekämpfer
(von Armin Knauer)
Religionsterror mit den Mittel einer Slapstick-Komödie behandelt: "Believe Busters" in der LTT-Werkstatt
Klar, gewaltbereiter Religionsfanatismus ist ein brennend aktuelles Thema. Aber soll man daraus wirklich noch ein weiteres tiefschürfendes Problemstück für die Bühne machen? Konstantin Küspert ist einen ganz anderen Weg gegangen. Weil verbohrtem Fanatismus auch etwas zutiefst Absurdes anhaftet, hat er auf das Thema eine schrill-absurde Slapstick-Komödie losgelassen. In Anlehnung an die überdrehten »Ghostbusters« Filme schickt er eine nicht weniger skurrile» Believe Busters«-Truppe in den Kampf gegen religiösen Terror. (…) Der Inszenierung gelingt es überzeugend, zwischen ans Alberne grenzender Komik und dem beklemmenden Ernst des Grundthemas Religionsterror hin- und herzuschalten, ohne dass die Sache auseinanderfällt.
Reutlinger Nachrichten, 28. Februar 2017
Vier Mordskerle gegen Glaubensterror
(von Kathrin Kipp)
Vier gegen den weltweit anschwellenden Hallelujah-Fanatismus: Das LTT zeigt Konstantin Küsperts Versuchsanordnung "Believe Busters"
Ghost Busters trifft Nathan den Weisen trifft Drei Engel für Charlie: Am LTT hatten jetzt die „Believe Busters“ Premiere, eine Art Theodizee-Diskurs-Action-Sciencefiction-Komödie.
Es könnte alles so einfach sein: Wäre die Welt ohne Religion und Glaube, müsste sich die Menschheit weniger mit heiligen Kriegen herumschlagen, mit fanatischem Terror, Unterdrückung und dem bizarr patriarchalen Karnevalszauber in den religiösen Zentren. Deshalb hat der Physiker Paul (Heiner Kock) einen Chip erfunden, mit dem man sich in die Vergangenheit beamen und schlimme Dinge, die im Namen eines Gottes passiert sind, ungeschehen machen kann.
Paul ist völlig aus dem Häuschen, rennt durchs Publikum, präsentiert seinen heiligen Chip, will die Welt retten und die Menschheitsgeschichte neu schreiben, indem er alle religiöse Untaten löscht. Für seine Mission braucht er Mitstreiter: bekehrte Fundamentalisten aus allen Lagern, die mit ihren religiösen Hirnenergien Verbindung zu den jeweiligen Terroristen aufnehmen können, die dann in der virtuellen Realität ausgemerzt werden – ein kompliziertes Raum-Zeit-Gravitationswellen-Verfahren, die Einzelheiten spart man sich lieber.
Und so rekrutiert Paul mit eher billigen, aber sofort wirksamen Anti-Gottesbeweisen und Kontaktdrogen den radikalen Hassprediger Marc (Raphael Westermeier), die spaßbefreite Nonne Katharina (Susanne Weckerle) und den jüdischen Fundamental-Rabbi Jens (Rolf Kindermann), um sie in seine hypersterile strahlweiße Buster-Zentrale einzuschleusen. Dort killen sie per Cyberbrillen-Zeitreise Attentäter, um deren Opfer zu retten: nach Nigeria zu Boko Haram, zu Anders Breivik, nach Hebron und Nizza.
Seine Missionen bekommt Paul wie bei „Drei Engel für Charlie“ von einem mysteriösen, aber verdächtig gottgleichen Auftraggeber zugewiesen. Denn darauf läuft es natürlich hinaus: Den Teufel mit dem Beelzebub austreiben. Radikaler Atheismus, so die Botschaft, könne eben auch zu einer Religion werden.
Konstantin Küspert hat das Stück für die LTT-„Believe Tank“-Reihe zugeschnitten, stellt darin noch einmal alle zentralen theologischen Fragen, vor allem die der Theodizee – also die Frage aller Fragen, wie ein allmächtiger Gott das ganze Leid auf der Welt zulassen kann.
Er betreibt ein klein wenig Religionsvergleich, spielt mit den jeweiligen Klischees, bringt religiösen Fanatismus auf die psychologisch-individuelle Schiene, erklärt die kruden Gedankengänge von Extremisten und macht daraus eine lustige Ghostbusters-Filmparodie.
Ginge es ohne jede Religion auf der Welt menschlicher zu? Würden die Menschen ohne die Fluchten ins Transzendentale mehr Verantwortung für sich und das Diesseits übernehmen? Würden sie sich weniger bekriegen? Darf man Attentäter töten, um andere zu retten? Welche Bedeutung und Funktion hat Religion in der Menschheitsgeschichte? Warum denkt sich die Menschheit einen Gott aus? Oder entspringt das Bedürfnis nach Transzendenz nur einer Art „Epilepsie im Schläfenlappen“? Und warum hat Religion so viel Macht? Pauls Diagnose lautet jedenfalls: „Als Spezies werden wir immer dümmer“ – da könnte er (derzeit) durchaus recht haben.
Dorothea Schroeder (Regie), Thomas Rustemeyer (Bühne), Andreas Hartmann (Kostüme) und Patrick Grossien (Video) versetzen die anregende und freche Terroristen-Jagd-Komödie in ein steriles, weißes, futuristisches „Vier Busters gegen ein Halleluja“-Labor, in dem die „vier antiapokalyptischen Reiter“ ihre Möbel einfach in die Wand schieben und sich raumschiffmäßig in den Umkleideraum saugen lassen können. Sie tragen neckische Astronauten-Trainings-Uniformen, betreiben wie jede anständige Religion absurde Initiationsriten und entwickeln sich mehr und mehr zu einer radikalen Sekte.
Auch wenn diese nur virtuell agiert, aber Virtualität und Realität sind ja manchmal nur die zwei Paar Stiefel ein und derselben Sache. Illustriert werden ihre antireligiösen Putz-Aktionen durch tricky Videoprojektionen, fast wie im Kino.
Und auch das Ensemble liefert großes Kino, agiert ziemlich „glaubhaft“ – ist aber natürlich auch sehr parodistisch unterwegs: Heiner Kock als Besessener, Westermeier als Buster-Komiker, Susanne Weckerle als Nonne, die trotz des ganzen Tamtams, das Paul veranstaltet, noch einigermaßen bei Verstand bleibt, und Rolf Kindermann als unerschütterlicher Rabbi, der sich nicht so leicht umdrehen lässt und deshalb für das Projekt gekidnappt werden muss.
Eine schöne Einführung jedenfalls in Grund-Konflikte des Glaubens und Zweifelns, die aber auch nicht die Frage beantworten kann, ob die Welt ohne Religion eine bessere wäre. Und warum viele Menschen lieber glauben als wissen wollen.
Schwäbisches Tagblatt, 27. Februar 2017
Der Atheist als Gotteskrieger der Gewaltverhinderung
(von Peter Ertle)
Was eine pietistische Erziehung so alles anrichtet: Konstantin Küsperts Religions-Science Fiction "Believe Busters"
Der da völlig aufgeregt zu den Zuschauern hochrennt, um ihnen einen soeben von ihm erfundenen Apparat vorzustellen, hat die Aufgeregtheit eines Jugendlichen, das wird sich im Verlauf des Stücks nicht ändern: Dass wir bei der wirklich excellenten Vorstellung Heiner Kocks als Paul immer das Gefühl haben, wir seien im Kinder- und Jugendtheater.
Und dafür gibt es auch einen Grund - den wir aber erst am Schluss erfahren. Außer im Kinder- und Jugendtheater sind wir hier noch: In einem mitten in die Gegenwart geplumpsten Science Fiction. Genauer: In der Machtzentrale der Believe Busters. Es hat etwas von einem Raumschiff, seine Besatzung ist wahnhaft, auch in diesem Weißen Haus. Thomas Rustemeyers klinisch weißes, mit feinen schwarzen Linien versehenes Bühnenbild wirkt auf den ersten Blick wie gezeichnet, erweist sich aber bald als dreidimensional und sehr funktional. Aus den Wänden können Stühle und Betten geholt werden, Regalelemente fahren geisterhaft heraus und nehmen Personal in Form eines vertikalen Aufzugs wieder mit in die Wand beziehungswesie einen anderen Raum. Sapperlott!
Paul, der Erfinder des wundersamen Apparats, hat diese Zentrale gegründet. Und er bekommt nun auf einem für dieses Ambiente auffallend antiquierten roten Telefon Aufträge von - ja, wenn man das wüßte. Wahrscheinlich, denken wir uns am Ende, ist es nur eine nach außen projizierte Stimme in Pauls Hirn. Jedenfalls irgendeine Macht, die weiß, dass er soeben eine Technik erfunden hat, mit der man sich quer durch die Zeiten beamen kann. Die außerdem weiß, dass Paul damit all die Grausamkeiten, die bisher im Namen der Religionen geschehen sind, rückwirkend verhindern will. Allerdings - die Erfindung allein reicht nicht. Paul braucht als Transmitter für seine Antiterror-Zeitreisen Hirne, also Menschen, die schon eine Zeit lang stark im Glauben verankert waren und unter seinem Einfluss konvertieren.
Im Folgenden sehen wir also zu, wie Paul zum Menschenfänger und Menschenumdreher wird. Der Reihe nach trifft er auf einen Moslem, eine Nonne und einen Rabbi, die sich vor Pauls Eintreffen kurz dem Publikum vorstellen. Dann kommt Paul. Im Nasaanzug, halb Roboter, halb Magier, an Kung Fu erinnernde, rituelle Believe-Busters-Bewegungen, die Inszenierung Dorothea Schroeders spielt mit dem Genre. So beginnt Paul seine Mission. Beim Moslem (Raphael Westermeier) hat er schon mit dem Hinweis Erfolg, eine Welt, in der der Mensch kacken müsse, könne keinen Gott haben. Ja, stellenweise haben Stück und Inszenierung die Qualität einer Karikatur. Bei der Katholikin (Susanne Weckerle) wird es schon etwas schwerer. Beim Rabbi (Rolf Kindermann) kommt Paul an die Grenzen seiner Überredungskunst. Da hilft nur Chloroform zur Überwältigung.
Irgendwann hat er, der seine Erfolge in eingeblendeten Tweets mitteilt, alle drei als Jünger in der Believe Busters Zentrale versammelt, Gemeinsam beamt man sich nun mit Virtual Reality-Brillen zurück, verhindert die Entführung der Mädchen durch Boko Haram, den Anschlag von Anders Breivik und immer so fort.
Die Zeitreisen sind technischer Hokuspokus und großes Kino, auf der Bühnenrückwand sehen wir Filmsequenzen, in der die Believe Busters in Opfer- und Täterrollen des jeweiligen Geschehens schlüpfen. Das heißt, Paul ist immer der Täter. Und bevor er seine Tat begeht, muss ihn einer seiner Kollegen töten. Nach getanem Werk werden die Brillen abgesetzt. Aber Paul ist auch im wahren Leben längst zum Täter geworden, hat sich vom Paulus zum Saulus gewandelt, seine Believe Busters sind längst selbst eine Glaubenssekte, unter seinen Anhängern macht sich Renegatentum breit. Am Ende erleidet Paul Schiffbruch. (...)
Vielleicht tut man dem Stück unrecht, wenn man überhaupt nach einer Botschaft sucht. Und es sollte hier einfach die Religion und die zum Fanatismus neigende menschliche Psyche theatralisch thematisiert werden, von der alten Frage, wie Gott so viel Leid zulassen kann bis zur anschaulichen Vorführung der Folgen einer pietistischen Erziehung.
Was machen wir jetzt mit diesem uns etwas ratlos lassenden, aber gut gespielten, stellenweise lustigen und bis zum Schluss spannenden Jugendtheater des Erwachsenenensembles? Vorschlag: Religions- und Ethiklehrer sollen es sich mit ihren Schulklassen anschauen und danach darüber diskutieren.
Unterm Strich:
Ein Erwachsenenstück wie ein lustiges, spannendes und manche Reflexion anbietendes Jugendstück, das das Genre des Science Fiction schelmisch bespielt.
Schwarzwälder Bote, 27. Februar 2017
Schrille Vision endet im einsamen Grauen
(von Christoph Holbein)
Uraufführung "Believe Busters" am LTT offeriert ein witzig-tiefsinniges Erlebnis
Ein in strahlend-sterilem Weiß gehaltener Laborraum mit Wänden, aus denen bei Bedarf die Protagonisten Tisch, Stühle und Bett wie Schubladen herausziehen und wieder hineinschieben, Hocker herausholen und wieder dort deponieren, aus den Schrank- und Falltüren Utensilien herausgreifen und dort verschwinden lassen: Thomas Rustemeyer hat ein futuristisch-funktionales Bühnenbild eingerichtet, auf dessen Spielfläche sich unter der einfallsreichen Regie von Dorothea Schroeder ein bis in feinste Details choreografiertes Schauspiel entwickelt.
Das Fundament für ein vital-variables Spiel, das die Zuschauer bei der Uraufführung des Stückes »Believe Busters« von Konstantin Küspert in der Werkstatt des Landestheaters Württemberg-Hohenzollern Tübingen Reutlingen (LTT) zu sehen bekommen – eine aberwitzige Premiere, schnell, flott, voller Humor und Persiflage und bei allem Slapstick dennoch tiefsinnig.
Paul – Schauspieler Heiner Kock haucht der Figur eine euphorisch-fanatische Betriebsamkeit und spannungsgeladene Energie ein – hat eine Mission: Er hat eine Maschine erfunden, mit der er durch die Zeit reisen kann mit dem Ziel, historische Gewalttaten zu verhindern, ungeschehen zu machen und so Menschenleben zu retten. Besessen von der Idee, dass Religion die Ursache für alles Übel der Welt ist, für Glaubenskriege, Selbstmordattentate, für Terror und Hass gründet er eine schnelle Einsatztruppe, die »Believe Busters«. Sie besteht aus ehemaligen Anhängern der drei Weltreligionen Islam, Christentum und Judentum, die Paul von ihrem Glauben abbringt, um mit ihnen aufzubrechen, Terror im Keim zu ersticken und somit Frieden auf der Erde zu stiften.
Das Credo, das Autor Konstantin Küspert, der, 1982 in Regensburg geboren, »Believe Busters« als Auftragswerk für das LTT geschrieben hat, seinen Hauptprotagonisten wie einen neuen Glauben vor sich hertragen lässt: »Ohne Religion ist die Menschheit besser dran«, setzt Regisseurin Dorothea Schroeder in origineller Ghostbuster-Manier um. Für fesselnde und gleichzeitig beklemmende Unterhaltung sorgen dabei die überdimensional auf die weiße Rückwand projizierten Videoeinspielungen, die Patrick Grossien zusammen mit Stephan Schmidt, der für die Sounds zuständig ist, zu starken Bildern mit der Handlung auf der Bühne verwoben hat.
Die Inszenierung gibt dem Wortwitz des Autors Raum – »Eine Welt, in der es Toiletten braucht, hat keinen Gott« – und lässt die Schauspieler – Raphael Westermeier, Susanne Weckerle und Rolf Kindermann komplettieren die Truppe kongenial – in einer punktgenau gesetzten Körperlichkeit der Bewegungen pointiert agieren.
Mit Plastikhauben, in denen ein Mikrochip eingepflanzt ist, auf dem Kopf – Andreas Hartmann sorgt für authentisch-passende Kostüme – erreichen die Darsteller ein auch komödiantisch gutes Spiel, dem entlang der treffenden Inszenierung der Spagat gelingt zwischen Komik – »vier Busters gegen ein Halleluja« – und ernster gesellschaftlicher Botschaft, dass die Religion mit dem von ihr erzeugten Hass, den Gotteskriegen und Verfolgungen der größte Krebs der Gesellschaft ist.
Videoprojektionen und Spiel auf der Bühne verschmelzen zu spannenden und hochspannungsgeladenen Szenen voller erzählerischer Synchronität.
Zusammen mit den »Believe Busters« zeitreist das Publikum zu den Akteuren und Schauplätzen brutalen Terrors, um zu versuchen, Boko Haram, Anders Breivik, Baruch Kappel Goldstein und den Attentäter von Nizza von ihren Taten abzuhalten. Dabei lässt Regisseurin Dorothea Schroeder viele deutungsvolle Bilder entstehen, die – kommentiert auf einem Bildschirm mittels ironischer sms-Nachrichten – nicht selten auch stark glossieren.
Hauptprotagonist Paul geht es darum, den Glauben auszulöschen, um eine bessere Gesellschaft zu schaffen, in die Vergangenheit verändernd einzugreifen, um eine bessere Zukunft zu gestalten und Menschen zu retten. Er will Gott verbannen und ist dabei selbst ein Getriebener von einer externen, höheren Macht, die alles weiß, ihm mit unheimlicher Stimme (Lars Helmer) aus dem roten Wandtelefon Aufträge gibt, lobt und mahnt und sich schließlich als die strafende Stimme seines Vaters entpuppt, eines strengen Pietisten, aus dessen Übermacht sich Paul nicht befreien kann. Am Ende liegt der »Anti-Glaubenskrieger« klein zusammengerollt wie ein Baby, gefangen in den Erfahrungen seiner Kindheit auf dem Boden unter der Bühne, übermannt auch von seinem eigenen sich ins Wahnhafte steigernden fanatischen Kampf, der schließlich dazu führt, dass die Aufträge nicht mehr rund ablaufen und Paul in der – von Kock glaubhaft dargestellten – Verzweiflung endet.
Die Botschaft von Konstantin Küspert ist klar: Niemand hat das Recht, Menschen zu verletzten oder gar zu töten, nur weil er glaubt, Gott befiehlt ihm das. Diese Ernsthaftigkeit lässt der Autor, der selbst trotz zehn Jahren Ministrantenzeit aus der katholischen Kirche ausgetreten ist, sich aber nicht als Atheist bezeichnet, in seinem Stück immer wieder durchbrechen. Regisseurin Dorothea Schroeder greift das auf und komponiert daraus eine mit wechselnder Dynamik kreierte Inszenierung, die das Publikum einen intensiven und eindrücklichen Theaterabend erleben lässt.
nachtkritik, 26. Februar 2017
(von Thomas Rothschild)
Believe Busters - Dorothea Schroeders Uraufführung von Konstantin Küsperts Stück um Religionskritik und Kritik an Religionskritik am Landestheater Tübingen
(…) Küspert knüpft lose an die erfolgreiche Science Fiction-Filmkomödie "Ghostbusters" von 1984 an und somit an ein typisches Produkt der amerikanischen Trivialkultur, also das gerade Gegenteil wirklichkeitsnaher Interviews. Paul ist davon überzeugt, dass die Weltgemeinschaft ohne Religion um ein Vielfaches besser wäre. "Eine Welt, die Toiletten braucht, hat keinen Gott." Das bewegt sich zwar nicht auf der Höhe der seriösen Theodizee-Debatten von Pascal bis Deschner und Dawkins, aber immerhin scheint es dem Autor ernst zu sein mit den Anklagen gegen religiös begründete Verbrechen.
Paul "rekrutiert" zunächst den gläubigen Muslim Marc, dann die Katholikin Katharina, in die er den Zweifel an Gott pflanzt und von der er köstliche Orangenmarmelade gewinnt, und schließlich den Juden Jens, um mit ihnen mittels eines Apparats, der es erlaubt, Gewalttaten der Vergangenheit zu revidieren, "Geschichte zu schreiben" und, nein, nicht Geister, sondern den Glauben zu "busten", also kaputt zu machen. Gemeinsam bewegen sich die vier in einer virtuellen Realität, deren Vorgänge sie verbal beschreiben, während Bilder auf die weiße Rückwand der Bühne projiziert werden. Spätestens beim dritten Mal freilich wird diese Reise in die virtuelle Welt redundant. Die Initiation erfolgt durch das Aufsetzen eines Plexiglashelms.
Küspert legt den Figuren Argumente in den Mund, die sich kaum widerlegen lassen. Aber diese Argumente kommen gegen die Evidenz des physisch Präsenten nicht an. Die Religionsbekämpfer werden ins Unrecht gesetzt durch den Entzug menschlicher Attribute in ihrer Science Fiction-Ausstattung à la "Metropolis" und, ähnlich wie Gregers Werle in Ibsens "Wildente", durch ihren kompromisslosen Übereifer.
Küsperts bisweilen allzu schlichte Dialoge kommen stets direkt zur Sache. Zwischendurch werden teils poppige, teils witzige Wortmeldungen aus den Social Media eingeblendet. Paul erhält seine Instruktionen von einer anonymen Stimme übers Telefon. Als er gescheitert ist, betet diese Stimme für Paul. Gehört sie gar Gott? Wir haben verstanden: in der Stadt von Ernst Bloch und Jürgen Moltmann sollen wir belehrt werden, dass auch Atheismus Religion sei. Wer‘s glauben will ...