EIN WALD DER WUNDER - ERSTE PRESSESTIMMEN ZUM SPIELZEITSTART

30. September 2014

"Ja, es fliegen schon mal Bananen vom Schnürboden beziehungsweise einem Baum. Und man hört auch mal Urwaldgeräusche. Davon abgesehen: kein Dschungel. Und auch kein Tiernaturalismus. In „Moglis Dschungel“, Michael Miensopusts freier Bearbeitung des Dschungelbuchs nach Rudyard Kipling, sehen wir: Eine Welt, in der man sich durchschlagen muss, bevölkert von allerlei feindlichen und auch dem ein oder anderen freundlichen Wesen, dessen Gattung einigermaßen vage wäre." So beginnt Peter Ertles Besprechung der Eröffnungspremiere im Schwäbischen Tagblatt.

 

Ertle gefällt es, wie die bekannte Geschichte in Michael Miensopusts Bearbeitung "freier, abstrakter aufgezogen, zeitgenössischer, cooler" wird. Henry Braun als Panther Baghira habe die "nötige Noblesse und Nonchalance" und Bär Balu könne man sich gar nicht besser vorstellen als von Daniel Blum gespielt, "als ziemlich friedliche Military-Waldschrat-Mixtur mit großen Kopfhörern anstelle der Bärenohren. Da hört und schaut man gerne zu."

 

Auch Andreas Laufer als Schakal Tabaki und Linda Lienhard als Schlange Kaa werden hochgelobt. Vermisst wird ein wenig der "Brückenschlag ins Heute" - obwohl die chorischen Rufe der Wölfe "Wir sind ein freies Volk" dann doch einige Erinnerungen wach rufen. Dass Shir Khan zu eindimensional böse sei oder auch die Affen stärker als "Hooligans" hätten gezeigt werden können, bemängelt das Tagblatt, bescheinigt dem Abend aber insgesamt viel Atmosphäre, die auch durch die Kompositionen Andreas Murnaus und die Bühne Cornelia Breys entsteht: "mit transparenter Folie, hinter der ganz sicher der Urwald beginnt, mit Gitterrosten, wie sie über Kellerfensterschächten liegen, als Ausstiegsluken aus dem Wolfsbau, mit Bäumen aus Metall, die aussehen wie Masten von Oberleitungen oder Abstraktionen von Hochhäusern (also im Bühnenbild ist es da, das Urbane): Das ist gewitzt und gut bespielbar." Zum Fazit lobt er die schauspielerische Qualität des Ensembles und den lockeren Ton der Textbearbeitung.

 

Christoph Holbein im Schwarzwälder Boten lobt den "vergnüglichen Familientheaterabend", bemängelt allerdings die Spieldauer und auch die Ausstattung, die zu spartanisch sei. Allerdings nehme die Inszenierung wirklich Fahrt auf, sei witzig und "offenbart, untermalt von den Kompositionen von Andreas Murnau, in den pointiert gezeichneten Figuren eine klare Sprache. Dabei hat der Regisseur die Tiere im Dschungel in ihrem Auftreten vermenschlicht und fein pantomimisch unterstrichen und äußerst körperbetont mit kleinen Marotten ausgestattet, die sie typisch charakterisieren. Gewürzt mit einer tänzerischen Choreografie und humorvollen Einfällen sowie netten Wortspielereien reift das Spiel. Farbige Lichteffekte deuten Fluss und Feuer an. Ohnehin versucht die Inszenierung modernen Sehgewohnheiten gerecht zu werden ... Die Schauspieler – allen voran Magdalena Flade als Mogli – beweisen eine gute Körperlichkeit, was es den Zuschauern erleichtert, sich in die Figuren hineinzuversetzen. Dennoch läuft die Inszenierung Gefahr, vielleicht etwas zu schwere Kost für Kinder ab acht Jahren zu sein, ein wenig zu viel die Ebene der Erwachsenen zu bedienen. Vor allem ist die Aufführung zu lang. Da sorgen die Geier hoch oben auf der Empore, der Affenkönig auf dem Thron umfunktionierten Tennisschiedsrichter-Hochsitz, die Musiker als Affen im Perücken-Look und einige akrobatische Einladungen für Farbtupfer. Mimik und fein austarierte Bewegungen erzählen jeweils eine Geschichte, kleine Gags reizen zum Schmunzeln und manchmal auch zum Lachen."

 

Am 27.9. stellte sich das gesamte Ensemble des LTT, jung, alt, neu und bekannt, dem Publikum beim THEATERFEST vor - und inspirierte das Schwäbische Tagblatt zu der Überschrift: "Man müsste öfter viel öfter ins Theater!".

 

Diesen Satz habe man im Foyer nach der Veranstaltung hier und da aufschnappen können. Und auch Rezensent Peter Ertle zeigt sich ehrlich begeistert über die kurzen Performances der Ensemblemitglieder:

"Es war eine kurzweilige Vorstellung des neuen Teams, eine würdige Preview-Premiere. Drei Minuten für jeden Schauspieler. Und was es da alles zu sehen gab! Daniel Blum und Andreas Laufer verliefen sich aus der Vorabendpremiere „Moglis Dschungel“ in ein völlig anderes Stück und begegneten sich schließlich unverhofft selbst. Auch Daniel Tille und Rolf Kindermann wurden mit „Just a Gigolo“ und „Scheiß auf deine Ex“ richtig gute Freunde, nicht nur als Joint Venture. Laura Sauer und Thomas Zerck zogen alle Register und deklinierten Tschechows Heiratsantrag nach allen Regeln der Kunst durch. Gesungen und gezupft wurde viel, von Carolin Schupas Strandpiraten-Version über Lukas Umlaufts Tanzpartner-Suche bis zu Michael Ruchters im Interregio selbstgeschriebenen „A trains running slow“. Linda Lienhard schmetterte Tom Waits. Sabine Weithörner gab Editz Piafs „Padam Padam.“ Henry Braun spielte die Einstiegsszene aus „Tschick“, am Jungen LTT das Erfolgsstück der letzten Spielzeit und – wie Oberspielleiter Christoph Roos in seiner Anmoderation wusste – das letzte Spielzeit auch mit Abstand am häufigsten gespielte Stück auf deutschen Bühnen."

 

Auch das neue Leitungsteam, das den Abend abwechselnd moderierte, wurde kurz erwähnt, aber vor allem die Schauspieler sehr gelobt:

"Franziska Beyer rückte dem Publikum Stuhllänge um Stuhllänge mit einem Jelinek-Monolog (aus „FaustIn and Out“) zu Leibe, um am Ende mitten unter ihnen zu sitzen. Auch Patrick Schnickes Mitmachtheater mischte die Zuschauer gehörig auf. Schließlich stieg Nana Mouskouri mit weißen Rosen aus Athen über die Ränge wie über Bergeshöhn, Andreas Guglielmetti (wir schreiben das von Anfang an richtig!) schoß damit den Vogel ab. Frage: Dürfen wir den irgendwann in einem Zweipersonenstück mit Gotthard Sinn sehen? Sinn informierte das Publikum diesmal so kenntnisreich wie verwirrend über „das Abonnemengsystem.“ Aus der Rubrik Ausgefallenes: Heiner Kock verband als halbnackter Schwanzderwisch oben und unten, vertanzte revolutionären Zorn und setzte so ein Zeichen gegen das ewig bloß Gespielte des Theaters – wenn auch nur gespielt. Martin Bringmann führte ins Kenjutsu ein, Magdalena Flade flötete Vivaldis Largo. Was die noch so alles kann! Und Jennifer Kornprobst jodelte mit Ziehharmonika und Publikum ein Jodl-di-gugu-di-hojo. Was isn des, jo seavus, mei liawa, kimd di a aus Bayern! Do legst di nieda! Raphael Westermeiers Ursonate von Schwitters wirkte zeitlos virulent und wurde entsprechend stürmisch gefeiert. Und den Auftakt machte Dimetrio-Giovanni Rupp mit der unstillbaren Gier aus dem Dracula-Musical."

 

Den eigentlichen Auftakt machte natürlich die neu gegründete Theaterband I DONT KEHRWOCHE, die mit drei Liedern das Publikum auch textlich auf den Neustart einschwor: "Lass uns das Ding drehen, lass uns über Los gehen" von Rio Reiser, "Like a Prayer" (and it feels like home...) von Madonna und "Lass uns leben" von Marius Müller-Westernhagen. Ja, man sollte öfter ins Theater gehen...

 

Das KINDERFEST am Sonntag mit anschließendem FESTAKT zum 30. Geburtstag des jungen LTT besuchte Dorothee Herrmann vom Schwäbischen Tagblatt und zeigte sich ebenfalls sehr angetan:

 

"Ein schräger Zauberwald war die Szenerie für das Improtheater zum runden Geburtstag des Jungen LTT. Darsteller aus 30 Jahren spielten am Sonntagabend „Time Bandits“. Das Theater als Wald der Wunder, wo die Musik aufrauscht, wenn es dunkel wird, und ein zotteliger Waldschrat (Heiner Kondschak) am Klavier sitzt und den nicht gerade vom Sommer verwöhnten Zuschauern ins Ohr ätzt: „Wald – alt – kalt – der Schnee kommt bald.“ Die zauberhaft-schrille Szenerie erinnerte nicht nur an die KJJT-Produktion „Ensel und Krete“ nach Walter Moers (Inszenierung: Michael Miensopust). Sie war ein schillerndes Bild für die Überraschungen und den Zauber, die das Junge LTT bereithält, und das schon seit 30 Jahren." Außerdem kommen vor: das sprechende Kaninchen, der Stollentroll, die Sternenstauner, der böse Zauberer - gespielt von Helge Thun, der "tatsächlich glaubte, er würde damit durchkommen, ohne das angemessene Magiergewand samt Spitzhut und langen Haaren aufzutreten". Für den Detektiv wurde Gerd Ritter vom Jungen Ensemble Stuttgart ausgeliehen.

 

"Und Rupert Hausners Verkörperung der Lady „Junges LTT“ wäre ohne Conchita Wurst wohl nicht denkbar gewesen. Den neuen Namen hat die Kinder- und Jugendbühne zum Geburtstag bekommen. „Lasst euch feiern! Echt, ihr seid wunderbar“, sagte LTT-Intendant Thorsten Weckherlin und dankte besonders KJT-Leiter Michael Miensopust. Der Film „Jeden Tag anders – 30 Jahre KJT am LTT“ präsentierte Pioniere und Weggefährten wie Jürgen Zielinski (der auch aus Leipzig angereist war), Monika Hunze oder Klaus Cofalka-Adami sowie eindrucksvolle Inszenierungsbilder."

Alle Pressestimmen zu unseren Inszenierungen können Sie in Zukunft hier nachlesen.







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