Foto: Martin Sigmund
Foto: Martin Sigmund
Foto: Martin Sigmund
Foto: Martin Sigmund
Foto: Martin Sigmund
Foto: Martin Sigmund
Foto: Martin Sigmund
Foto: Martin Sigmund
Foto: Martin Sigmund
Foto: Martin Sigmund
Foto: Martin Sigmund
Foto: Martin Sigmund
Foto: Martin Sigmund
Foto: Martin Sigmund
Foto: Martin Sigmund

Wahrheit ohne Pflicht

Ein Spiel des tjc (Theaterjugendclub am LTT)

Uraufführung


Schwäbisches Tagblatt, 10. April 2018

Die Sonne ist neonpink

(von Dorothee Hermann)

"Wahrheit ohne Pflicht" heißt das neue Stück des Theaterjugendclubs am LTT, bei dem sich weibliche Teenager einer Frage-Show stellen.

 

Wie es ist, wenn die Kindheit zu Ende geht, aber das Frausein sich noch ziemlich ungewohnt anfühlt: Das testen zehn jugendliche Darstellerinnen amüsant, anrührend und überzeugend im aktuellen Stück "Wahrheit ohne Pflicht" des Theaterjugendclubs (tjc) am Landestheater Tübingen (LTT). Die etwa 120 Premierenzuschauer/innen in der LTT-Werkstatt am Samstagabend waren hörbar angetan.

Der Titel erinnert an das Partyspiel "Flaschendrehen" - mit dem Unterschied, dass die spannende Inszenierung offen lässt, was real und was erfunden ist oder vielleicht von einer anderen beigesteuert wurde als derjenigen, die gerade agiert. Teilweise von biografischem Material inspiriert, haben die zehn jugendlichen Darstellerinnen das Stück gemeinsam mit dem Theaterpädagogen Tobias Ballnus (Spielleitung und Bühne) entwickelt.

Zunächst bestimmen die Farben Weiß und Pink die Bühne. Eine Palette von Rosatönen (mal mit etwas Grau gedimmt, mal mit einem Schuss kräftigem Orangerot zum Leuchten gebracht) markiert die zehn Plätze entlang der Bühnenwand, als befände frau sich in einer stylishen Garderobe. Anfangs gibt es ein bisschen Gedränge und Geschubse, als wäre noch nicht jede zufrieden mit ihrer jeweiligen Position, dem Farbton, vor dem sie sich platziert fand.

Da bewegen sich alle gerade noch außerhalb der Reichweite der dünnen Strahlen, die eine neonpinkfarbene Sonne von der gegenüberliegenden Seite über den Bühnenboden streckt: von dort, wo das Mikrofon steht. Denn das Stück präsentiert sich als Frage- oder Quiz-Show, an der die Mitspielerinnen sich nicht ganz freiwillig beteiligen (das ist dann doch wieder so ähnlich wie beim Flaschendrehen). Eine automatenhaft mechanisch klingende weibliche Stimme sagt aus dem Off jeweils die nächste Runde an. Sie ist es auch, die die Regeln vorgibt: "Jede von euch kann jeder eine Frage stellen. Jede Frage muss beantwortet werden." Da ist es ganz gleich, ob es um Menstruation, Alleinsein, Trauer (um den einzigen Menschen, bei dem eine sich wirklich geborgen fühlen konnte), Liebeskummer oder Zungenküsse geht. Ob frau sich zu Jungen hingezogen fühlt oder schon mal darüber nachgedacht hat, lesbisch zu sein. Die Antwort ist immer davon gefärbt, ob die jeweils ans Mikro beorderte Darstellerin so tut, als sei die Frage ihr peinlich, ob sie scheinbar ganz offen reagiert, oder ob sie eine Antwort parat hat, mit der sie sich gleichzeitig abschirmen kann.

Doch auch auf den ersten Blick Harmloses kann einen melancholischen Sog entwickeln: "Was wirst du verlieren, wenn du erwachsen bist?" Das weckt einen Nachhall in den Zuschauern, Erinnerungen daran, wie das damals war, als für einen selbst die Unwägbarkeiten des Heranwachsens gerade größer waren als die Versprechungen. Eine sagt: "Ich nehme Abschied von der Zeit, in der mir das Leben leicht vorkam."

Sehr eindringlich ist auch die Szene, als ein Mädchen von ein paar Jungs blöd angemacht und bedroht wird. Worauf die Zuschauer mindestens zehn verschiedene Versionen zu sehen bekommen, wie frau sich wehrt (jeweils nur kurz pantomimisch angedeutet), aber auch was es bedeutet, ausgeliefert zu sein. Obwohl die Darstellerinnen zur Generation der "digital natives" gehören, werden Mobiltelefone erst ganz am Ende gezückt: Beim abschließenden "Zukunftsspiel" wissen sich die Jugendlichen vor den Schreckensbildern der Gegenwart nicht anders zu helfen, als überstürzt Kopfhörer aufzusetzen oder Ohrhörer einzustöpseln und per Smartphone in den jeweiligen Lieblingssong (der für alle anderen unhörbar bleibt) abzutauchen. Wie sie dann alle ungeordnet durcheinander tanzen, jede nach einem anderen Rhythmus, ist ein starkes Bild für Vereinzelung. Der Theaterjugendclub bringt unter der Leitung von Tobias Ballnus seit 2002 jedes Jahr ein Stück. Diesmal steht ein erstaunliches Frauenensemble auf der Bühne, das die komischen und die schwierigen, ambivalenten Seiten der Pubertät mit großer Spielfreude erkundet.

 


[schliessen]


Schwäbisches Tagblatt, 6. April 2018

Ein Kaleidoskop der Pubertät

(von Sofie Kunert (LTT-Vorbericht))

Mit einer Spielshow erzählt der Theaterjugendclub am LTT am morgigen Samstag die ganze "Wahrheit ohne Pflicht".

[mehr lesen]






© 2016     Landestheater Württemberg-Hohenzollern Tübingen Reutlingen Impressum