Insa Jebens, Dennis Junge, Lucas Riedle · Foto: Tobias Metz
Solveig Eger, Insa Jebens, Dennis Junge, Lucas Riedle, Sabine Weithöner · Foto: Tobias Metz
Solveig Eger, Lucas Riedle · Foto: Tobias Metz
Sabine Weithöner · Foto: Tobias Metz
Dennis Junge, Lucas Riedle · Foto: Tobias Metz
Lucas Riedle, Sabine Weithöner, Insa Jebens · Foto: Tobias Metz
Lucas Rielde, Solveig Eger, Dennis Junge · Foto: Tobias Metz
Dennis Junge · Foto: Tobias Metz
Lucas Riedle, Insa Jebens · Foto: Tobias Metz
Lucas Riedle, Dennis Junge, Insa Jebens · Foto: Tobias Metz
Insa Jebens, Lucaas Riedle · Foto: Tobias Metz
Solveig Eger, Lucas Riedle, Insa Jebens · Foto: Tobias Metz
Insa Jebens, Solveig Eger, Sabine Weithöner, Lucas Riedle · Foto: Tobias Metz
Insa Jebens, Solveig Eger, Dennis Junge, Lucas Riedle, Sabine Weithöner · Foto: Tobias Metz
Lucas Riedle · Foto: Tobias Metz

Das Licht im Kasten (Straße? Stadt? Nicht mit mir!)

Von Elfriede Jelinek · 14+


Theater der Zeit, 4. Januar 2024

Die Vielstimmigkeit des Modewahns

(von Elisabeth Maier)

Pia Richter liest die Textflächen der österreichischen Nobelpreisträgerin politisch. Hinter den Thesen der Literatin spürt sie der Identitätssuche von Menschen nach, die in der globalisierten Wirtschaft um Haltung ringen. Das zeitkritische Potenzial rettet die 36-jährige Regisseurin in die wilden, sinnlichen Bilder ihrer Theatergeneration.

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Schwarzwälder Bote, 12. Dezember 2023

Graziler Walk auf dem sprachlichen Laufsteg

(von Christoph Holbein)

Die Inszenierung des Stückes „Das Licht im Kasten“ am Landestheater Tübingen vermittelt eindrucksvoll die Leidenschaft von Elfriede Jelinek für Mode.

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Kritik Reutlinger General-Anzeiger, 5. Dezember 2023

Die Welt als Wille und Warenkorb

(von Thomas Morawitzky)

Das LTT lotet mit Elfriede Jelineks »Licht im Kasten« die seltsamsten Winkel des Modewahns aus

Was wäre flüchtiger als die Mode – und was bestimmter? Für Roland Barthes war die Mode ein »paradoxes Zeichensystem« – für Elfriede Jelinek ein gefundenes Fressen. 2017 stürzte sie sich darauf, es entstand ein Text, der in epischer Breite, auf zahlreichen Sprach- und Bedeutungsebenen, gewissermaßen das letzte Wort zum Thema sprechen möchte: Was immer man über Mode denken, in sie hineinlesen kann, welcher soziale, politische, sonstige Zusammenhang sich ergeben könnte – die Nobelpreisträgerin Jelinek hat es in ihre Zeilen gepresst.

Das Landestheater Tübingen entfaltet das Paket nun. »Das Licht im Kasten (Straße? Stadt? Nicht mit mir)« wurde von Regisseurin Pia Richter um einige Seiten gekürzt – eine frappierende Assoziations- und Gedankenflut bleibt dennoch: Spott, viele Gefühlslagen, Tiefschürfendes, Oberflächliches, ein Hauch von Wahnsinn.

Der Tempel der Mode auf der Bühne der Werkstatt des LTT strahlt in Violett und Orange, die Vorhänge der Umkleidekabinen bauschen sich, ein kreisrundes Podest erhebt sich zur Mitte hin. Drumherum kriechen die der Bekleidung dringend Bedürftigen mit dem Ausdruck tierischer Gier voran. Lucas Riedle steht als aalglatter Spötter da und blickt auf sie herab – er ist der »zynische Verkäufer«, eine Art Mephisto des Modebetriebs. »Soll ich Ihnen sagen, wie Sie aussehen könnten?«, fragt er. Nur keine Schuldgefühle, rät er, auch wenn die Kreditkarte längst überzogen ist.

Mit Jeans und Pulli, höhnt der Verkäufer, wird es nicht getan sein – »Da müssen Sie schon mehr in sich investieren« –, und flugs wird aus der Kleidung, die ja eigentlich den Willen ihres Trägers zum Ausdruck bringen sollte, etwas, das eigenen Willen entwickelt, den des Trägers überschreibt: Die Mode wird zur Obsession.

Nacheinander treten auf: Die mittelalte Frau, die sich in der Umkleidekabine in eine andere verwandeln möchte, die junge Frau, die Einkaufstüten schleppt, der Kunde, der verzweifelt versucht, sich in eine zu kleine Hose zu zwängen – Sabine Weithöner, Solveig Eger und Dennis Junge spielen diese und andere Rollen, schlüpfen in die erstaunlichen Schöpfungen, die Ausstatterin Lise Kruse für sie schuf, schlüpfen hinein in Elfriede Jelineks aufgepeitschten Wortfluss. Das Ideal, zu dem die Mode führen möchte, entzieht sich stets, unglückselige Geschöpfe bleiben zurück: »In der Kleidung stecken ja leider Menschen, das ist der Nachteil, wenn man die wegmachen könnte, wie Fettflecken, dann würde die Kleidung noch viel besser zur Geltung kommen!«

Insa Jebens trägt das seltsamste aller Kostüme, zusammengesetzt offenbar aus unbezogenen Bettdecken, hinter ihrem Kopf ragt ein Kissen auf: Ein Bild, als liege sie im Bett und träumte von der Mode. Sie singt zuvor noch, als Philosophin beim Online-Shopping, ihre Version des Popsongs »All By Myself«: »Living alone / I think of all the shoes I’ve known« – und der Mann mit Sparzwang, Dennis Junge wiederum, stürzt sich auf einen Berg billiger T-Shirts, die er gleich wieder wegwirft, um sie zwei Jahre später erneut zu kaufen, in anderem Farbton, während die junge Frau mit ethischem Bewusstsein (Solveig Eger) sich einmischt. »Wir wollen billige Preise. Über Menschenleben sprechen wir jetzt einmal nicht«, sagt der zynische Verkäufer. Es gibt einen Nudisten, der sogleich davongetragen wird, wie ein Jesus am Kreuz, es gibt Gedanken an den Tod.

Der Wahnsinn, die Hysterie, die Pathologie, die Philosophie der Mode erreichen ihren Höhepunkt, als die Frau mit dem Lochpulli auftritt. Sie trägt das ungewöhnlichste Kleidungsstück, vermutlich war es teuer, zudem entstellt es seine Trägerin sehr: Kaum menschlich wirkt sie noch, ein unförmiges Strickwesen, eine Stoffbeule. Der Lochpulli stellt die Imperfektion aus, der zynische Verkäufer findet ihn krank. Und wenn die Dame im Lochpulli dann im Hintergrund steht, stumm und mit einem Lachen im Gesicht, während die Modesüchtigen sich weiterhin erklären, dann wirkt sie wie ein Geist, ein Dämon, eine Figur aus einem Horrorfilm, unheimlich.

Zuletzt versammeln sich alle Facetten des Wahns zum Chor auf der Bühne, blicken ins Publikum, beklagen noch einmal ihr Menschsein, ihre Vergänglichkeit, und empfehlen die Verwendung des kleineren Lichtkästchens, das jeder längst bei sich trägt: »Dort können Sie auch bestellen – und los, in den Warenkorb!«


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Kritik Schwäbisches Tagblatt, 5. Dezember 2023

Machen Kleider Leute?

(von Justine Konradt)

Ein Fest für Design-Fans: Das LTT zeigt Elfriede Jelineks Mode-Stück „Das Licht im Kasten“ mit einer Balance zwischen Komik und Ernsthaftigkeit – und einer üppigen Garderobe.

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Nachtkritik.de, 3. Dezember 2023

Vor diesem Rock bin ich ein Nichts!

(von Verena Großkreutz)

Von Haute Couture bis Billigmarke: Elfriede Jelinek schaut mit "Das Licht im Kasten" in die Modewelt und findet den menschlichen Abgrund. Und Regisseurin Pia Richter hat in Tübingen dafür Sprache und Atmosphäre parat.

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