Foto: David Klumpp
Mattea Cavic, Jennifer Kornprobst · Foto: David Klumpp
Dennis Junge, Andreas Guglielmetti · Foto: David Klumpp
Andreas Guglielmetti, Jennifer Kornprobst · Foto: David Klumpp
Dennis Junge, Jennifer Kornprobst · Foto: David Klumpp
Dennis Junge, Jennifer Kornprobst · Foto: David Klumpp
Andreas Guglielmetti · Foto: David Klumpp
Dennis Junge · Foto: David Klumpp
Dennis Junge, Jennifer Kornprobst · Foto: David Klumpp
Dennis Junge, Andreas Guglielmetti · Foto: David Klumpp
Mattea Cavic, Jennifer Kornprobst · Foto: David Klumpp
Dennis Junge, Jennifer Kornprobst · Foto: David Klumpp
Mattea Cavic · Foto: David Klumpp
Mattea Cavic, Andreas Guglielmetti, Jennifer Kornprobst · Foto: David Klumpp
Andreas Guglielmetti, Mattea Cavic · Foto: David Klumpp
Mattea Cavic, Andreas Guglielmetti, Jennifer Kornprobst · Foto: David Klumpp
Andreas Guglielmetti, Mattea Cavic, Jennifer Kornprobst, Dennis Junge · Foto: David Klumpp

The Who and the What

Schauspiel von Ayad Akhtar · Deutsch von Barbara Christ


Schwarzwälder Bote, 28. Mai 2019

Leidenschaftliches Plädoyer voller Spielfreude

(von Christoph Holbein)

 „The Who and the What“ überzeugt trotz seiner thematischen Brisanz mit Leichtigkeit

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Reutlinger Nachrichten, 30. April 2019

Die Töchter, Gott und das Patriarchat

(von Kathrin Kipp)

Über die Konflikte amerikanischer Muslime: Das Landestheater Tübingen zeigt „The Who And The What“ von Pulitzerpreisträger Ayad Akthar.

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Schwäbisches Tagblatt, 15. April 2019

Vor dem Abgrund gespaltener Loyalitäten

(von Wilhelm Triebold)

Sehr überzeugend: Das Landestheater bringt mit Ayad Akhtars "The Who and the What" ein weiteres Stück der Stunde auf die Bühne und liefert eine starke Schauspielerleistung ab.

Als Ayad Akthar, US-Autor mit pakistanischen Wurzeln, neulich in New York den Piscator-Preis überreicht bekam, nannte ihn Laudator Daniel Kehlmann einen "Chronisten gespaltener Loyalitäten".

Genau darum geht es in Akhtars unterhaltsamem Familiendrama. Witwer Afzal hat zwar mit den Töchtern in Amerika eine neue Heimat gefunden, doch die angestammte Loyalität gehört den alten (eben Pakistan) sowie den geistigen Heimaten - dem muslimischen Glauben. Und durch diese Familie geht, bei aller Liebe und Anständigkeit, ein unerkannter, unbehandelter Riss.

Die migrantische Identität in der Zerreißprobe war schon Thema in Akhtars Theaterstück "Geächtet", das als redselige Beziehungskomödie mit witzig-intelligenten Broadway-Dialogen und dem hintergründig parlandohaften Konversationsstil à la Yasmina Reza vor anderthalb Jahren überall, auch am LTT, Furore machte.

Dort sahen sich die Protagonisten allerdings noch dem Druck und Anfeindungen von außen ausgesetzt, während es nun ins angstvoll pochende Herz der Gesellschaft geht - in die Familie. "The Who and the What", dessen etwas rätselhafter Titel - dies für alle intellektuellen Eierköpfe unter den Lesern - direktemang auf Derrida verweisen soll, steht dem grandiosen Akhtar-Thriller "Geächtet" in nichts nach. Es geht wiederum ans Eingemachte.

Das ist in diesem Fall (oder auch wiederum eine Religion, die sich nur widerwillig einer kritischen Auseinandersetzung stellen mag. Zarina, die Heldin in Ayad Akthars Theaterstück, laboriert nicht nur an einer kaum überwundenen Liebestrennung samt Schreibblockade. Sie ist außerdem eine durchaus moderne Vertreterin historisch-(glaubens)kritischer Wissenschafts-Methodik, mit der vernunftabweisende Idolatrien beseitigt und deren Denkmäler vom Sockel gestoßen werden.

Im Christentum ist das bereits vor mehr als anderthalb Jahrhunderten passiert, Tübingens David Friedrich Strauß oder der (von Akhtar nicht zufällig verehrte) Philosoph Friedrich Schleiermacher gelten da als Gewährsmänner. Für den Islam steckt dieser Reformansatz noch immer in den Kinderschuhen. Kritische Geister wie Ayaan Hirsi Ali, die den fünf Säulen des Islam fünf Konzepte für eine wahre muslimische Reformation gegenüber stellt, werden umgehend der Häresie bezichtigt oder, fast genauso schlimm, überängstlich ausgegrenzt.

Zu Hirsi Alis fünf Punkten gehört, neben der Abkehr von Scharia und Dschihad, neben der Verdammung einer "Praxis, Einzelne dazu zu ermächtigen, das islamische Recht durchzusetzen, indem sie das Rechte gebieten und das Verwerfliche verbieten", der Verzicht auf blinde Jenseitsfixierung und auf die Idolisierung Mohammeds. Damit ist die mutige Islamkritikerin sicherlich eine Schwester im Geiste von Zarina, der selbstbewussten Literaturstudentin, die über einem Mohammed-Roman brütet: Über jenen Propheten, von dem sich die eingeschworene Gemeinschaft der Moslems das Bild zu machen hat, das ein weiteres Buch, der Koran, angeblich vorschreibt.

Die Verkettung der Loyalitäten zwischen dem moderat-konservativen Familienvorstand Afzal und den aus zwei verschiedenen Richtungen loyalitätsgeprüften Töchtern Zarina und Mahwish wird in Akhtars Schauspiel zunehmend beengender und beklemmender, ohne den Handelnden die Luft zum Atmen oder har zum Argumentieren zu nehmen. "The Who an the What" ist kein theologisches Thesenstück, sondern handwerklich gut gemachtes Theater. Und so wird es mit Julia Mayrs absolut sehenswerter LTT-Inszenierung auch wohltuend umgesetzt. Das liegt auch diesmal, wie schon bei "Geächtet" anfangs der vorigen LTT-Spielzeit, an einem starken Schauspieler-Quartett.

Damals verdienten sich Andreas Guglielmetti (als Galerist) und Jennifer Kornprobst (als seine Begleiterin) die Oscarnominierung als beste Nebendarstellerin. Jetzt bilden sie in der LTT-Werkstatt, in der Matratzen-Wagenburg der Ausstatterin Dietlind Konold, das zentrale Hauptdarsteller-Paarkreuz. Zum einen Guglielmetti als Sympathiepunkte sammelnde Vaterfigur, eigentlich immer nur das Beste wünschend für beide Töchter, aber auch in seinen Konventionen, in Stolz und Vorurteil verstrickt. Einer, der sich ans Althergebrachte klammert, um nicht unterzugehen. Der schwer nur aus der eigenen Haut kann, entsprechend selten aus ihr fährt - dann aber richtig.

Guglielmetti spielt das agil, vital, liebenswürdig und zutiefst menschelnd. Und manchmal auch mit slapstickhaft komischer Verzweiflung. Dagegen Jennifer Kornpropst: Ihre Zarina ist weniger ein weiblicher Salman Rushdie mit öffentlichem Vorbildcharakter als vielmehr eine, die das Richtige im Privaten zu tun gedenkt, ohne allzu sehr darüber nachzudenken. Die sich ihrer Zweifel und Skrupel entledigt. Getrieben vom gesunden Menschenverstand und von einem Gerechtigkeitssinn.

"The Who und the What" ist außerdem ein zutiefst humanes Stück, in dem Dennis Junges Konvertit Eli, der im Zweifelsfall einiges zu verlieren hat, überzeugt zur bedrängten Partnerin Zarina findet. Und in dem Mattea Cavic der traditionsbefangenen Schwester Mahwish ein eigenes Profil verleiht, was gar nicht so einfach ist.

So mündet das Ganze sogar im Happyend. Nicht "unter stummer Wiederholung allseitiger Umarmungen" wie in Lessings "Nathan", dem anderen human-religiösen Familiendrama. Sondern mit einem sonderbar auf- und abgeklärten Lächeln des Patriarchen Afzal, kaum dass er erfährt, der herbeigesehnte Stammhalter-Enkel sei ein Mädchen.

Ob Ayad Akhtar jetzt mehr der "Star der islamkritischen Boulevardkomödie" ist, wie's im "Spiegel" stand, oder "die amerikanische Antwort auf Yasmina Reza", was die "Frankfurter Rundschau" meinte - egal. Seine Beiträge kommen genau zur rechten Zeit. "In diesem Moment des weltumspannenden Irrsinns", rühmte Kehlmann ihn in New York, "da die Religionen erstarken, da der Reichtum verrückt wird, da die Macht jede moralische Beschränkung abwirft, ist Ayad Akhtar genau der Schriftsteller, den wir brauchen."

Liebe Uni, ganz dringend: Ayad Akhtar for Poetikdozent!

 

Unterm Strich

Ein bemerkenswerter Theaterabend, der wieder einmal beweist: Es gibt sie noch, die guten (Original-)Stücke für die Bühne. Ayad Akhtars Schauspiel über eine beinahe an der Religion und Konvention zerbrechende Familie ist so eines, vom LTT einfühlsam und einprägsam umgesetzt.


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Generalanzeiger Reutlingen, 15. April 2019

Sprengkraft eines Manuskripts

(von Armin Kauer)

»The Who and the What« von Ayad Akhtar beleuchtet in der LTT-Werkstatt den Integrationskonflikt einer Familie

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