Mattea Cavic, Rinaldo Steller · Foto: Martin Sigmund
Jens Lamprecht, Jürgen Herold, Patrick Slanzi, Rolf Kindermann · Foto: Martin Sigmund
Nicolai Gonther, Rolf Kindermann, Patrick Slanzi, Jürgen Herold, Mattea Cavic, Gilbert Mieroph, Sabine Weithöner · Foto: Martin Sigmund
Mattea Cavic, Rinaldo Steller · Foto: Martin Sigmund
Rinaldo Steller, Jens Lamprecht · Foto: Martin Sigmund
Ensemble · Foto: Martin Sigmund
Mattea Cavic · Foto: Martin Sigmund
Stephan Weber, Jürgen Herold, Gilbert Mieroph · Foto: Martin Sigmund
Susanne Weckerle, Jürgen Herold, Rinaldo Steller, Jens Lamprecht · Foto: Martin Sigmund
Mattea Cavic · Foto: Martin Sigmund
Jürgen Herold, Nicolai Gonther · Foto: Martin Sigmund
Jens Lamprecht, Jürgen Herold · Foto: Martin Sigmund
Susanne Weckerle, Rolf Kindermann, Gilbert Mieroph, Nicolai Gonther, Stephan Weber, Sabine Weithöner · Foto: Martin Sigmund
Patrick Slanzi · Foto: Martin Sigmund
Susanne Weckerle, Mattea Cavic · Foto: Martin Sigmund
Stephan Weber, Rinaldo Steller · Foto: Martin Sigmund
Patrick Slanzi · Foto: Martin Sigmund
Rinaldo Steller, Mattea Cavic · Foto: Martin Sigmund
Sabine Weithöner, Mattea Cavic · Foto: Martin Sigmund
Patrick Slanzi, Stephan Weber · Foto: Martin Sigmund
Gilbert Mieroph, Sabine Weithöner · Foto: Martin Sigmund
Mattea Cavic · Foto: Martin Sigmund
Sabine Weithöner, Mattea Cavic, Patrick Slanzi, Susanne Weckerle · Foto: Martin Sigmund
· Foto: Martin Sigmund
Mattea Cavic, Rinaldo Steller · Foto: Martin Sigmund

Romeo und Julia

Von William Shakespeare · Deutsch von Thomas Brasch


Reutlinger Nachrichten, 10. Juli 2019

Heftig Lieben, schöner Sterben

(von Kathrin Kipp)

Das LTT zeigt Shakespeares „Romeo und Julia“ als wuchtige Percussion-Tragödie auf der Platanenallee.

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Schwarzwälder Bote, 9. Juli 2019

Am Ende verliert es sich doch sehr im Konventionellen

(von Christoph Holbein)

 Inszenierung von Shakespeares „Romeo und Julia“ hält nicht, was sie anfänglich verspricht

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Generalanzeiger Reutlingen, 8. Juli 2019

Stille Magie und Prügler-Sphäre

(von Martin Bernklau)

Christoph Roos hat da für das LTT eine sehr solide, sehr schöne, sehr angemessene Arbeit abgeliefert, der das Premierenpublikum am Freitagabend ganz zurecht lang und laut applaudierte; Bravorufe und Jubelpfiffe inklusive.

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Schwäbisches Tagblatt, 8. Juli 2019

Das Herz ist eine miese Gegend

(von Wilhelm Triebold)

 

Tübinger Sommertheater: Es waren Nachtfalter und nicht die Leichen: Shakespeares Liebestragödie "Romeo und Julia" zerfällt auf der Neckarinsel mit Christoph Roos' LTT-Inszenierung allzu sehr in zwei Teile.

Beim Silcher-Rondell, am Ende der Platanenallee, prangt in der Luft ein riesiges Herz. Und wer sich dem freundlichen LTT-Personal im "Romeo-und-Julia"-Unilook nähert, den blinken von den T-Shirts kleine Herzchen freundlich an. Das Landestheater, diesjähriger Ausrichter des Tübinger Sommertheaters, setzt ganz aufs unverzichtbare, überlebensnotwendige Körperorgan. Doch hält es auch den Kreislauf der Aufführung in Schwung, das Herz?

Sagen wir so: die erste Hälfte ist zu laut, zu flach, zu aufgesetzt, zu ausgestellt - und, wie das Symbolherz am Eingang, auch ein bisschen zu aufgeblasen. Also halbherzig. Die zweite Halbzeit wird besser, punktgenauer, kammerspielerisch verdichteter - auch weil die Nacht sich auf diese Aufführung senkt und dem Spielort unter grünen Platanenblättern doch noch etwas Magisches abgerungen wird. Da tanzen sogar, als Romeo und Julia auf dem Hochbett unter die Decke schlupfen, ganz poetisch Glühwürmchen - doch halt, es sind nur Nachtfalter, mit reflektierenden Flügeln im Scheinwerferkegel.

Sommertheater, so die Faustregel, ist zu 70 Prozent Illusion oder Kulisse und zu 30 Prozent reines Handwerk, um all die Probleme in den Griff zu kriegen, die solch ein Außenspielort mit sich bringt. Wobei Shakespeares "Romeo und Julia", hierzulande neben "Faust" und "Nathan der Weise" eines der am häufigsten gespielten Stücke auf den Spielplänen, die Herzenssache schlechthin sein dürfte, das hat das LTT richtig erkannt. Das berühmteste Liebespaar der Weltliteratur lässt die Herzen sprechen, um Hass zu überwinden (und natürlich: um zueinander zu finden). Ein ganz zentraler Satz fällt irgendwann: "Die Mutter aller Liebe ist der Hass." Hier sind es gleich ganze Familien, die liebevoll hassen.

Was könnte eine Inszenierung unter freiem Himmel da alles falsch, was richtig machen? Regisseur Christoph Roos macht gleich mal mächtig was los und seine Jungs einen auf dicke Hose. "Romeo und Julia" fährt auf der Neckarinsel eine beeindruckende Batterie an elektronisch verstärktem Schlagwerkzeug auf, auf das agile Schauspieler lustvoll eindreschen, mit dem sie lospreschen. Es kloppen sich welche im Rund, das kommentieren klöppelnde Kollegen am Rand. Kräftig, mit Inbrunst und rhythmischem Feeling.

Den eigenen, eigentlichen Rhythmus findet der Abend da noch nicht so ganz. Wenn der erste Schwung der angezettelten Battle of Drums verraucht, der Qualm in Markus Maria Jansens Bühnenbildelementen sich verzieht, lärmt die Inszenierung trotzdem weiter, trotz Mikroport-Einsatzes (für die leiseren Augenblicke).

So also geht's auf der Neckarinsel zu: Cliquen (oder Gangs) von testosterongesteuerten, notgeilen Jugendlichen prügeln und vermöbeln sich, rauflustiges Haudrauf-Theater, Stunts mit vollem Körpereinsatz, bis es ernster wird und ihnen das Kraftmeier-Lachen aus dem Gesicht fällt, bis der Prinzregent (hier mit Susanne Weckerle eher eine strenge Königin) als Anwohnerin und Autoritätsperson die "Ruhestörung" unterbindet und für Ordnung sorgt.

Die erste Halbzeit der zweieinhalbstündigen Vorstellung verflüchtigt sich als schrill ausgestelltes Spektakel. Wobei mancher Einfall überzeugen mag - etwa, wenn die agile Schauspielmusikercombo bei einem Zeitlupen-Zumbakurs im Hause Capulet, bei Romeo und Julias erstem Kennenlernen, deren Herzklopfen aufnimmt und sanft pochend wiedergibt.

Doch insgesamt erweist sich das Herz als eine miese Gegend. Unbekanntes Terrain, immer für Überraschungen gut. In Shakespeares Drama wird es stetig herbei zitiert und beglaubigt so den LTT-Ansatz: Romeo spürt es, in seinem blinden Liebeskummer wegen Rosalind. Graf Paris soll um Julias Herz ebenso kämpfen wie die Amme auf das ihre aufpassen ("Verflucht sei euer Herz, das mich so jagt"). Auch Julia verspürt zwischenzeitlich den "Schmerz/ denn an den schlimmsten Feind häng ich mein Herz." Und Romeo verspricht ihr alles, "wenn Liebe tief...in meinem Herzen ist...", um bald darauf dem geistlichen Beistand Lorenzo zu beichten: "Ich sags dir klar, dass ich mein Herz ankett/ ans Tochterherz des reichen Capulet". Worauf der Pater mahnt: "Die Liebe junger Männer, o Natur,/ wohnt nicht in ihrem Herz, im Auge nur."

Julia wiederum barmt: "Vergib ihm Gott, ich tus von ganzem Herz./ Und doch beschwert es kein Mann wie er." Während Romeo, auf dem Weg zu ihr, später ausrufen wird: "Das Herz in meiner Brust schlägt leicht und frei". Als Julia sich von Romeo getäuscht sieht, ruft sie: "O Schlangenherz, im Milchgesicht versteckt". Und bevor Romeo an ihrer vermeintlichen Leiche diesmal den richtigen, tödlichen Gifttrank kippt, prostet er ihr zu: "Auf Dich, mein Herz."

Viele Textstellen also, die belegen, dass sich das LTT da die richtigen Gedanken gemacht hat. Und dass mit Thomas Braschs handfester, treffsicher verknappender Übersetzung auch die richtige Testversion ausgesucht wurde.

Vor allem Mattea Cavic als ernsthafte, konzentrierte Julia nimmt die Vorlage am besten beim Wort, weiß mit ihr etwas anzufangen. Rinaldo Steller ist dagegen ein hübsches, unbedarftes Jüngelchen, Rolf Kindermann als Vater Montague zu sehr ein Sonnenbrillen-Wichtigtuer. Gegenspieler Capulet(Gilbert Mieroph) verhält sich besitzergreifend wie der Emir von Dubai, hat die kühl-beherrschte Gattin (Sabine Weithöner) weitgehend im Griff. Graf Paris ist mit Patrick Slanzi ein Blumenmusterknabe auf Freiersfüßen, während Susanne Weckerle als Julias Amme ersatzstiefmütterlich verlässlich erscheint. Stephan Webers Bruder Lorenz waltet als eine Art Rocker-Pater seines Amtes, hat aber böse Adels-Jungs wie Mercutio (Jürgen Herold), Benvolio (Jens Lamprecht) und Tybalt (Nicolai Gonther) kaum unter Kontrolle.

Kurzum: keine Aufführung, die einen von den harten Schalensitzen reißt. Dafür, zumindest über weite Strecken, in ihrer effekthaschenden Umtriebigkeit zu anbiedernd. Der Premierenapplaus fiel trotzdem ausgiebig aus, fast erleichtert. Und kam bei den meisten wohl auch von Herzen.

 

Unterm Strich

Erst viel Clinch und Geschrei, viel Kampf und Getrommel: Das LTT setzt zu Beginn mehr auf Action als aufs gesprochene Wort. Nachher wird's besser. Aber eine Sternstunde der Sommertheater-Historie ist "Romeo und Julia" beileibe nicht. Eher Mittelmaß. Wenn überhaupt.


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