Florenze Schüssler, Daniel Holzberg · Foto: Martin Sigmund
Gilbert Mieroph, Florenze Schüssler · Martin Sigmund
Lisan Lantin, Jens Lamprecht · Martin Sigmund
Lisan Lantin, Stephan Weber, Florenze Schüssler· Martin Sigmund
Nicolai Gonther, Rolf Kindermann · Martin Sigmund
Lisan Lantin, Daniel Holzberg, Stephan Weber, Florenze Schüssler, Rolf Kindermann, Gilbert Mieroph· Martin Sigmund
Lisan Lantin · Martin Sigmund
Gilbert Mieroph, Stephan Weber · Martin Sigmund
Florenze Schüssler, Jens Lamprecht, Rinaldo Steller, Gilbert Mieroph, Rolf Kindermann, Nicolai Gonther, Lisan Lantin · Martin Sigmund

Maß für Maß

Komödie von William Shakespeare · Deutsch von Thomas Brasch


Schwarzwälder Bote, 16. April 2019

Tiefer Griff in das prall gefüllte Füllhorn der Dramatik

(von Christoph Holbein)

Die Premiere von Shakespeares „Maß für Maß“ am LTT Tübingen ist trotz seiner Länge kurzweilig

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Reutlinger Nachrichten, 16. April 2019

Der Aufstieg und Fall des „Richter Gnadenlos“

(von Kathrin Kipp)

Tragisch, blumig, unterhaltsam: „Maß für Maß“ feiert am LTT Premiere

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Reutlinger General-Anzeiger, 13. April 2019

Greller Tanz in schlechter Gesellschaft

(von Thomas Morawitzky)

Shakespeares »Maß für Maß« in der Inszenierung von Nick Hartnagel am Landestheater Tübingen

Wüst geht es zu in Wien, ein bisschen wie im Wilden Westen. Nick Hartnagels Inszenierung von Shakespeares »Maß für Maß« beginnt mit dem Blick auf ein nebelverhangenes Haus, vielleicht eine Sauna. Drinnen drängen sich die Leiber. Eine Kamera, auf dem Theater zuständig dafür, Blicke in verborgene Räume, private Sphären zu eröffnen, wirft es auf die Bildwand, die rechts über der Bühne hängt: Menschen in grotesken Pappmasken, Brüste, quietschend groß wie Luftballone, und alles drückt und drängt dort drinnen, die restlos verkommene Gesellschaft.

Unter ihr der Herr von Wien, Herzog Vincentio. Gilbert Mieroph spielt ihn; sein Bild saugt an einer Zigarre. Vincentio spricht mit Escalus, dem Stadtrat und Gehilfen – ihn gibt Rolf Kindermann als wunderbar skurrile Randfigur mit Kimono und Haube. Ellbogen heißt treffend ein übereifriger Ordnungswächter, der mit Cowboyhut und Peitsche umgeht – Jens Lamprecht spielt ihn, glatt, fanatisch, nicht sehr hell.

Ellbogens Peitsche trifft vor allem Claudio (Stephan Weber), den Bruder der Isabella, der bei seinem ersten Auftritt auf eine Matratze gefesselt ist – man ahnt sein Verbrechen. Rinaldo Steller als Lucio ist ein geckenhafter Wüstling; Daniel Holzberg als Pompejus Herrensteiß darf im irrealen Wien herzhaft ölig wienern (ein netter Einfall dies) und Lisa Lantin gibt sowohl die lüstern grelle Madame Overdone als auch Mariana, die Frau, die der tugendhafte Angelo (Nicolai Gonther) sitzen ließ. Alle halten sie ihr Fähnchen tapfer in den Wind, reden schlecht über den Herzog, sobald er erst einmal zur Tür hinaus ist.

Und alle diese Figuren sind grell gezeichnet und verpackt, tragen Kostüme aus Kunststoff und Latex, turnen herum in gefälliger Obszönität inmitten eines seltsamen Vergnügungsparks: »Vienna City«. Tine Becker, die die Kostüme, die Bühne ersann, lässt Salontüren schlagen; Holzbauten werden in der Pause umgruppiert. Viele Szenen spielen im Abseits, auf der Bilderwand; Lukas Lonskis minimalistische Musik dramatisiert manch eine Szene gewaltsam. Gefangene werden in Glaskästen auf die Bühne gefahren; Ellbogen zappelt als Clown an der Sackkarre. Es findet hier und dort ein Tänzchen statt in diesem Wien, es gibt makaberen Slapstick mit Henkern, fliegenden Köpfen, Rauferei, Grimassen, kleine Seitenhiebe: Nick Hartnagel inszeniert »Maß für Maß«, eine böse Komödie, mit einem deutlichen Übermaß an Klamauk.

Die Handlung, die Shakespeares Vorlage bietet, ist überschaubar: Herzog Vincentio sieht die Wiener Sitten verroht, setzt deshalb den vermeintlich tugendhaften Angelo als seinen Stellvertreter ein, zieht sich zurück, geht inkognito als Mönch auf der Szene um, beobachtet. Angelo indes erweist sich nicht nur als verführbar. Claudio, der mit seiner Verlobten verkehrte vor der Eheschließung, soll nach dem Gesetz sterben – Angelo nutzt diesen Umstand, um sich Claudios Schwester gefügig zu machen, hält zuletzt auch nicht Wort, will den Bruder doch hinrichten lassen. Vincentio aber kehrt zurück, deckt die Doppelmoral seines Stellvertreters auf.

Isabella sieht das Publikum zum ersten Mal als Videobild; sie liest. Florenze Schüssler gibt ihr eine seltsam distanzierte Verletzbarkeit, oft auch Wut und Empörung. Angelo, der Weiß trägt, so wie sie, wird sie grob vergewaltigen. Vincentio, verkleidet in weißer Robe, manipuliert, fädelt ein – Gilbert Mieroph spielt ihn windig, flüssig, fabelhaft. Ihm und Schüssler verdankt der oft etwas zu alberne Sündenzirkus seine lohnenden Momente. Wenn der verkleidete Vincentio Isabelle zuflüstert »Schweige und dulde!«, dann scheint kurz tatsächlich die Zeit stillzustehen.

Dass jener Vincentio selbst in engen Latexhosen durch die Szene tänzelt, lässt den Herrscher, der die Unmoral beklagt, von Anfang an nicht sehr seriös wirken. Kein Wunder, dass er seine Hand zuletzt weit unten hinten bei Isabella anlegt: Auch dieser Obere ist nicht rein, hatte immer eine übergriffige Absicht. Mit einem letzten vielsagenden Blick von Florenze Schüssler endet das Stück.


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Schwäbisches Tagblatt, 13. April 2019

Unmaß für Unmaß

(von Peter Ertle)

Aber genau gesetzt: Shakespeares dunkle Komödie "Maß für Maß" mit bösen Clowns, zwielichtigen Tollpatschen und einer sehr ernsten Heldin zeigt sich am LTT in großer Spiellaune. Ähnlichkeiten mit heutigen Zeitläuften nicht ausgeschlossen.

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nachtkritik.de, 12. April 2019

Abtanzer und Aufräumer

(von Steffen Becker)

Nick Hartnagel situiert Shakespeares Dark Comedy zwischen Western Saloon und Sci-Fi

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