Oda Zuschneid · Foto: Tobias Metz
Oda Zuschneid · Foto: Tobias Metz
Oda Zuschneid · Foto: Tobias Metz
Oda Zuschneid · Foto: Tobias Metz
Oda Zuschneid · Foto: Tobias Metz
Oda Zuschneid · Foto: Tobias Metz
Oda Zuschneid · Foto: Tobias Metz
Oda Zuschneid · Foto: Tobias Metz
Oda Zuschneid · Foto: Tobias Metz
Oda Zuschneid · Foto: Tobias Metz
Oda Zuschneid · Foto: Tobias Metz
Oda Zuschneid · Foto: Tobias Metz
Oda Zuschneid · Foto: Tobias Metz
Oda Zuschneid · Foto: Tobias Metz
Oda Zuschneid · Foto: Tobias Metz
Oda Zuschneid · Foto: Tobias Metz

Hamlet

One-Woman-Show nach dem Schauspiel von William Shakespeare in der Übersetzung von August Wilhelm Schlegel und Ludwig Tieck, in einer Fassung von Fanny Brunner und Ensemble

16+


Schwäbisches Tagblatt, 30. Juli 2020

Bühnenzauberin mit Hamlet-Flair

(von Dorothee Hermann)

Shakespeares Tragödie als temporeiches Einpersonen-Stück am LTT: Die Schauspielerin Oda Zuschneid wechselte wie eine Gestaltwandlerin fulminant von Figur zu Figur und wieder zurück.

Sie ist ihre eigene Hamletmaschine: Oda Zuschneid, sonst als Leiterin des Jungen LTT eher hinter der Bühne aktiv, wechselt in der One-Woman-Show „Hamlet“ sou­verän ins Rampenlicht und ver­körpert ganz allein Shakespeares zweiflerischsten Helden samt den gewichtigen theatralischen Figuren um ihn herum (Regie: Fanny Brunner).

Um die gestaltwandlerische Bühnenzauberin in dem Zwei­stundenstück nicht überzustrapa­zieren, wurde die Personenliste gerafft. Mal reicht eine Krone, die viel zu leicht ist, um tatsächlich aus Gold zu sein, und schon hat man Claudius, den Mörder von Hamlets Vater, als König auf Ramschniveau vor sich. Mal mar­kiert eine kriegerische Sturmhau­be, die aus einem Kettenhemd ge­fertigt sein könnte, den Profiteur aller vorangegangenen Schre­ckenstaten: Fortinbras, Prinz von Norwegen. Die Aufführung orien­tiert sich an der Übersetzung von August Wilhelm Schlegel und Ludwig Tieck, bearbeitet von En­semble und Regie.

Mit ihrer Kappe in Schwarz mit Gold ist Königin Gertrude auf der Bühne eine elegantere und trotz ihrer Erbärmlichkeit auch würdi­gere Erscheinung als auf der wandhohen Fotografie im Hinter­grund: Dort könnte ihr weißes Festkleid auch das einer Braut sein. Nur der Hintergrund, eine Art Lagerhalle, stimmt nicht, oder verweist womöglich auf die Un­übersichtlichkeit der Gegenwart. Die Schrift an der Wand – „Endings Are The New Beg“ – bricht ab, als gebe es keine ausreichend sicheren Zukunftsperspektiven. Muss man künftig betteln (beg) gehen, oder darf man, anders als Hamlet, doch auf neue Anfänge (beginnings) hoffen, sofern man noch genügend Phantasie hat? Man müsste dann über die Stich­worte „Tot. Alt. Neu. Macht. Be­sitz“ hinausdenken.

Zuschneid wird Hamlet, wenn sie den ärmellosen, grünen Fell­mantel ab- und das Prinzenkostüm anlegt: schwarze Samtjacke mit schmalen goldenen Bordüren, schwarze Strumpfhose. Den ab­hängigen Sohnstatus macht das schier überlebensgroße Foto von Mutter Gertrude und Stiefvater Claudius klar. Davor ist ein Möbelstück platziert, das Ruheplatz sein könnte, aber stark an Sig­mund Freuds Couch erinnert.

Doch anders als der Begründer der Psychoanalyse wechselt Zu­schneid äußerst geschmeidig zwi­schen Weiblichkeits- und Männ­lichkeitsbildern, zwischen Frau­en- und Männerfiguren hin und her. Nur der Narr im Streifenkos­tüm in Grau und Schwarz (Hof­narr Osrick) lässt sich gendermä­ßig nicht so leicht einordnen. Er ist ein weiteres Beispiel für das zirkusreife Verwandlungstempo, das die Solo-Schauspielerin an den Tag legt, wenn sie so beiläufig wie blitzschnell Kostüme und Re­quisiten wechselt.

Mal spricht Zuschneid einfach beiseite, und schon entsteht ein Dialog von zwei Figuren, etwa von Hamlet und von Horatio. Schaut sie erneut nach vorne, ist der Sprecher wieder Hamlet. Dann können einem der Prinz und der Diener vorkommen wie siamesi­sche Zwillinge, oder wie ein Mensch in zwei Körpern. Zumal Horatio den Geist von Hamlets Vater ebenfalls gesehen hat.

Auch die Technik treibt die vielfachen Verwandlungen voran. Aus dem Off kommen Stimmen und Musik. Oder es tut sich ein ei­gentümlicher Hallraum auf, als würde man in den Jahrhunderte messenden zeitlichen Abstand zu Shakespeare hineinlauschen (Mu­sik und Sound: Alex Konrad). Wenn Ophelia von Vater Polonius (nur eine Stimme aus dem Off) und Bruder Laertes wegen ihrer Liebe zu Hamlet zur Rede gestellt wird, äußert sie kleinmütig-un­terwürfig (von Zuschneid paro­distisch überspitzt): „Ich weiß nicht, was ich denken soll. Ich will gehorchen.“ Laertes rät der Schwester gar das Diktatoren-Motto „Nur Furcht gibt Sicher­heit“ an; ein alarmierender Wahl­spruch in Corona-Zeiten.

 

Unterm Strich

Hamlet im 21. Jahrhundert: eine rasan­te, vollgepackte Bühnenshow. Das Welt-aus-den-Fugen-Gefühl darf sich bis in die Musikeinlagen austoben. Bei der Theorie-Einlage und bei Hamlets Reise aus dem Bühnenraum hinaus franst die Intensität etwas aus.

Link zum Artikel


[schliessen]


Reutlinger General-Anzeiger, 30. Juli 2020

Mit eigener Note

(von Christoph B. Ströhle)

Regisseurin Fanny Brunner bringt am LTT William Shakespeares „Hamlet“ als „One-Woman-Show“ auf die Bühne. Oda Zuschneid übernimmt alle Rollen.

[mehr lesen]






© 2016     Landestheater Württemberg-Hohenzollern Tübingen Reutlingen Impressum