Schauspiel von Rebekka Kricheldorf nach Miguel de Cervantes
Schwarzwälder Bote, 9. Juli 2018
Buntes Spiel zwischen Slapstick und Albernheiten
(von Christoph Holbein)
Komödie „Don Quijote“ bietet unterhaltsamen Abend am LTT, ohne weh zu tun
Reutlinger Nachrichten, 27. Juni 2018
(von Kathrin Kipp)
Rebekka Kricheldorfs Fassung von Don Quijote hat am LTT Premiere gefeiert.
Schwäbisches Tagblatt, 25. Juni 2018
(von Peter Ertle)
Don Quijote plätschert am LTT zwischen blöd, intelligent und belanglos, ist stellenweise hübsch anzusehen und gefällt mit ein paar schönen Witzen und Bühneneinfällen. Am Ende hat man es fast lieb und wundert sich.
Generalanzeiger Reutlingen, 25. Juni 2018
Die Windmühlen des Menschenverstandes
(von Thomas Morawitzky)
Das LTT bringt »Don Quijote« von Miguel de Cervantes in einer Fassung von Rebekka Kricheldorf auf die Bühne
Nachtkritik, 23. Juni 2018
(von Elisabeth Maier)
Don Quijote – Jan Jochymski ruft mit Rebekka Kricheldorfs Cervantes-Adaption am Landestheater Tübingen zur Befreiung aus gescheiterten Lebensentwürfen
Weltliteratur, ins Wohnzimmer eines schrulligen Träumers verpflanzt: Bei Rebekka Kricheldorf, der Meisterin zeitgenössischer Komödienkunst, flüchtet Don Quijote alias Herr Alfons in eine Scheinwelt der Poesie. Die aber öffnet ihm den Weg in reale Abenteuer. Seine Vertreibung aus dem Bücherparadies beflügelt die Ironie der Gegenwartsautorin. Miguel de Cervantes Meisterwerk klopft sie auf seine Aktualität ab. Seine Vertreibung aus dem Bücherparadies liefert dem Ensemble des Landestheaters Tübingen nicht nur herrliches Rollenfutter. Regisseur Jan Jochymski kitzelt in seiner vergnüglichen Interpretation gerade die leisen, dunklen Töne von Kricheldorfs Text heraus, der im Mai 2017 in Osnabrück uraufgeführt wurde. Das Leben tut weh. Aber schön ist es doch.
"Literatur generell macht schon schwachsinnig. Aber Ritterromane machen regelrecht irre", findet der Barbier, der zu Alfons' Gefolgschaft gehört. Mit Pfarrer, Nichte und Haushälterin sitzt Andreas Guglielmetti, der den Ritter von der traurigen Gestalt mimt, am Esstisch. Mit großen Augen erzählt er von seiner Sehnsucht nach echten Abenteuern. Der Himmel in Sabine Schmidts Bühnenraum ist so hyperblau wie in einem surrealistischen Gemälde von Salvador Dali. In dieses überdrehte Familienidyll schneit der Postbote herein und bringt einen historischen Ritterroman vom Online-Bücherversand. Den Nobody mit der gelben Tasche macht Alfons zu seinem Sancho Pansa.
Zu zweit mischen sie nicht nur die vertrocknete Landschaft der spanischen Mancha auf. Andreas Guglielmetti zeigt seinen Ritter von der traurigen Gestalt als einen Menschen, den die Poesie vom Frust des Alltags befreit. Daniel Holzberg als Sancho im Postler-Dress suhlt sich in schrägen Versprechern – den großen Literaten Cervantes nennt er Serrano, weil er die ganze Zeit an Schinken und schweren Rioja denkt. Mit zerzaustem Haar und irrem Blick zelebriert er ein Lachtheater, das einfach herrlich ist.
Frisch und ironisch ist Kricheldorfs Theatersprache, der Plot so dynamisch gebaut wie ein Comic. Jochymski hält dieses Tempo durch, aber immer wieder hält er inne. Ihn interessiert die Traurigkeit der Menschen, die sich aus gescheiterten Lebensentwürfen befreien. Aus dem reichen Fundus des 1500 Seiten starken Cervantes-Klassikers hat sich die Autorin zu urkomischen Typen inspirieren lassen, die sehr gegenwärtig sind. Der Barbier, der in ein peinliches Kaktus-Kostüm aus der überbordenden Traumfabrik Sabine Schmidts schlüpfen muss, wäre eigentlich lieber Maskenbildner in Bad Hersfeld. Jürgen Herold erzählt das so anrührend, dass das Publikum mitleiden muss. Und Mattea Cavic als mitfühlende Nichte will ihren Onkel Alfons aus seiner wahnsinnigen Welt retten. Bis sie am Ende selbst ihre Träume lebt.
Gotthard Sinn und Sabine Weithöner machen als Pfarrer und Haushälterin eine ebenso gute Figur wie als die legendären Windmühlen, gegen die Don Quijote kämpft.
Regisseur Jan Jochymski schafft den Spagat, in der urkomischen Wirklichkeitsflucht der Figuren Tiefenschärfe zu finden. Alfons alias Don Quijote, der seit dem sechsten Lebensjahr Bücher liest und mit Ihnen in eine Welt der Fantasie vordringt, hilft den anderen, ihre Träume zu leben. Auf diese schöne, sehr einfache Botschaft hat er Kricheldorfs Text konzentriert, der sich bisweilen in komischen Schleifen verheddert. Mit spanischer Musik und verblüffenden Bildern lässt das Regieteam das Publikum am Ende gar noch vom Urlaub in Spanien träumen. Muscheln, Sombreros und Fischernetze, die von der Bühnendecke purzeln, sind dann allerdings doch zu dick aufgetragen. Das kitschige Ende ist des Guten zu viel. Der ebenso überzeugenden wie mitreißenden Leistung des Landesbühnen-Ensembles tut das keinen Abbruch.