Justin Hibbeler, Dennis Junge · Foto: Tobias Metz
Justin Hibbeler, Nicolai Gonther · Foto: Tobias Metz
Justin Hibbeler, Sabine Weithöner, Hannah Jaitner, Nicolai Gonther · Foto: Tobias Metz
Andreas Guglielmetti, Nicolai Gonther, Justin Hibbeler, Susanne Weckerle, Julia Staufer · Foto: Tobias Metz
Dennis Junge, Julia Staufer, Justin Hibbeler · Foto: Tobias Metz
Julia Staufer, Hannah Jaitner · Foto: Tobias Metz
Justin Hibbeler, Nicolai Gonther, Hannah Jaitner, Julia Staufer · Foto: Tobias Metz
Sabine Weithöner, Nicolai Gonther, Susanne Weckerle, Hannah Jaitner, Andreas Guglielmetti, Julia Staufer, Justin Hibbeler · Foto: Tobias Metz

Bunbury oder: Ernst sein ist wichtig!

Triviale Komödie für ernsthafte Leute von Oscar Wilde · Deutsch von Rainer Kohlmayer · 14+


Schwäbisches Tagblatt, 1. Dezember 2021

Lügentänze mit Farbanschlag fürs Auge

(von Peter Ertle)

Formvollendet aus der Fassung: Oscar Wildes „Bunbury oder Ernst sein ist wichtig“ wird am LTT genau zu dem turbulenten Spaß, den man sich von diesem Stück auch erwartet.

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Schwarzwälder Bote, 30. November 2021

Amüsant und ein wenig aus der Zeit gefallen 

(von Christoph Holbein)

Verwechslungen und Verwicklungen schwungvoll und mit Tempo in Szene gesetzt

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Reutlinger General-Anzeiger, 29. November 2021

Die Leichtigkeit des Scheins

(von Kathrin Kipp)

Spritzige Identitäts-Jonglage: Das LTT zeigt Oscar Wildes »Bunbury« in der Regie von Malte C. Lachmann

Die beiden Dandys John und Algernon führen ein nicht unbedingt perfekt durchdachtes Doppelleben. Sie haben sich jeweils ein Fantasiegeschöpf zugelegt, um ihre kleinen Ausflüchte aus dem streng reglementierten, spießigen Gesellschaftsleben zu kaschieren: John gibt sich als sein eigener Bruder Ernst aus, wenn er sich ins wilde Londoner Stadtleben stürzt; und Algernon besucht des Öfteren seinen »kranken Bruder« Bunbury auf dem Lande, um der Enge der Stadt zu entkommen.

»Bunburysierung« nennen sie das Spiel mit verschiedenen Identitäten, das natürlich jede Menge Fallstricke aufweist. Und als sie sich »ernsthaft« in zwei junge Damen verlieben, weiß keiner mehr so richtig, mit wem er es eigentlich zu tun hat und wer man eigentlich sein will. Bis sich nach einer ausgiebigen Wortspielorgie ums Ernst-Sein, um Schein und Sein, Wahrheit und Täuschung schlussendlich vier Pärchen in den vermutlich richtigen Armen liegen.

Weil es in der Komödie wie im richtigen Leben nicht nur um Glück, Freiheit und Liebe geht, sondern auch um anregende Konversation, bei der man außerdem verdammt gut aussehen sollte, hat auch Oscar Wilde seine Verwechslungs- und Verwicklungssause in eine formal perfekte, fast schon mathematisch verspielte Spiegelstruktur gesteckt, in der sich der Figurentanz wahlweise parallel, überkreuz oder bipolar abspielt.

Das LTT übersetzt das Doppelleben der Figuren und die Doppelstruktur der Komödie in ein ebenso doppeldeutiges Bühnenbild (Ausstattung: Luisa Wandschneider), das als Anspielung auf sämtliche klapprige Tourneetheaterbühnen dieser Welt aus einem fragilen Kasten mit vielen Türen besteht. Türen, zwischen denen die vielen selbst inszenierten Verwechslungen stattfinden.

Und wo noch mehr Bedeutungsebenen aufeinanderprallen: Das Gesagte trifft auf das Gemeinte trifft auf das Gewusste trifft auf das Ungewusste. 3GplusU sozusagen. Nur das Publikum weiß, was die Leute auf der Bühne erst mal noch kompliziert auseinanderklamüsern müssen.

Mit all diesen Doppeldeutigkeiten und Scheinbarkeiten spielt auch die Ausstattung von Luisa Wandschneider. Im ersten Akt erscheint noch alles grau in grau: Wände, Möbel, Butler. Die beiden Lebemänner präsentieren sich in dekadentem Silber- und Goldglanz: Algernon (Justin Hibbeler) und John-Ernst (Nicolai Gonther) spielen mit viel Energie und Leichtigkeit und nur dezent affektiertem Gehabe ihren doppelbödigen Lifestyle möglichst elegant und unernst durch.

Die von John angebetete, zunächst etwas verklemmte, später umso taffere Gwendolen (Hannah Jaitner) darf in Zartrosa glänzen. Sie weiß genau, was sie will: einen Ernst! Mit dem blumigen Landkind Cecily (Julia Staufer) liefert sie sich deshalb ein saftiges Eifersuchtsduell.

Gwens verkünstelt strenge Mutter (Sabine Weithöner) ist natürlich sehr auf Äußerlichkeiten bedacht und auf eine gute Partie für ihre Tochter. Das vermeintliche Findelkind John passt da nicht ins Schema. Und so strampeln sich alle damit ab, jemand anderes sein zu müssen.

Aber unsere wahre Identität wird ja kaum von uns selbst bestimmt, sondern vom Schicksal – oder in diesem Fall von der Gouvernante Miss Prism (Susanne Weckerle). (Stichwort: Bei der Geburt vertauscht mit einem miserablen Roman!) Außerdem von der lieben Gesellschaft, weshalb am Ende auch alles wieder seine Ordnung haben muss.

Da können wir uns noch so verstellen und Theater spielen und im zweiten Akt alles auf links drehen: Butler Lane (Dennis Junge) verdreht als Pausenclown mit Hexenschuss sämtliche Bühnenelemente, und schon kommt Johns Landsitz als rustikaler Laminatverschnitt in Echtholz-Optik zum Vorschein. Das Personal verfällt ins Florale, selbst der leicht entrückte Pastor (Andreas Guglielmetti) trägt Blumentalar. Die Verwicklungen und Doppeldeutigkeiten eskalieren, die Lügen bekommen immer kürzere Beine.

Aber Regisseur Malte C. Lachmann hat alles im Griff und lässt seine Darsteller nicht allzu volkstheatralisch herumalbern. So behält man meistens die Contenance und lässt auch den vertrackten Text gut mitspielen. Und nachdem sich die komplizierten Verhältnisse auch in den Köpfen der Zuschauer wieder entwirrt haben, gibt es im Großen Saal jede Menge Premierenapplaus.


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