Sabine Weithöner, Susanne Weckerle, Patrick Schnick, Jennifer Kornprobst, Georg Zahn,Franziska Beyer, Robin Walter Dörnemann, Raphael Westermeier, Rolf Kindermann, Martin Bringmann · Foto: Tobias Metz
Franziska Beyer, Robin Walter Dörnemann · Foto: Tobias Metz
Sabine Weithöner, Susanne Weckerle · Foto: Tobias Metz
Raphael Westermeier, Franziska Beyer · Foto: Tobias Metz
Patrick Schnicke · Foto: Tobias Metz
Sabine Weithöner, Susanne Weckerle, Fransisja Beyer, Jennifer Kornprobst, Patrik Schnicke Foto: Tobias Metz
Raphael Westermeier, Robin Walter Dörnemann, Jennifer Kornprobst Foto: Tobias Metz
Franziska Beyer, Rolf Kindermann, Martin Bringmann Foto: Tobias Metz
Raphael Westermeier, Rolf Kindermann, Franziska Beyer, Robin Walter Dörnemann, Martin Bringmann Foto: Tobias Metz
Rolf Kindermann, Franziska Beyer, Robin Walter Dörnemann, Martin Bringmann Foto: Tobias Metz
Rolf Kindermann, Franziska Beyer, Raphael Westermeier, Martin Bringmann · Foto: Tobias Metz
Robin Walter Dörnemann, Patrick Schnicke, Jennifer Kornprobst, Raphael Westermeier, Franziska Beyer Foto: Tobias Metz
Patrick Schnicke, Jennifer Kornprobst · Foto: Tobias Metz
Robin Waler Dörnemann, Jennifer Kornprobst, Patrick Schnicke Foto: Tobias Metz
Rolf Kindermann, Franziska Beyer, Martin Bringmann Foto: Tobias Metz
Martin Bringmann, Rolf Kindermann Foto: Tobias Metz
Jennifer Kornprobst, Robin Walter Dörnemann · Foto: Tobias Metz
Jennifer Kornprobst, Robin Walter Dörnemann, Raphael Westermeier, Franziska Beyer Foto: Tobias Metz

Kasimir und Karoline

Volksstück von Ödön von Horváth


Schwarzwälder Bote, 20. Mai 2017

Derb-brachiales Haudrauf-Theater

(von Christoph Holbein)

Volksstück »Kasimir und Karoline« setzt auf plakatives Spiel

[mehr lesen]


Schwäbisches Tagblatt, 2. Mai 2017

Der richtige Dreh für die Desillusion

(von Wilhelm Triebold)

Am Tübinger Landestheater nimmt Regisseur Christoph Ross Ödön von Horvaths Volksstück "Kasimir und Karoline" beim Wort - und tut gut daran.

[mehr lesen]


Reutlinger Nachrichten, 2. Mai 2017

Paarungs-Rummel mit Volksmusik-Terror

(von Kathrin Kipp)

Wie weit wir Menschen es schon gebracht haben“ – so ein Satz am Anfang lässt einen selbstverständlich sofort misstrauisch werden und tatsächlich: Während Kasimir, Karoline und alle andern noch dem imaginären Zeppelin nachstaunen, spielt sich zwischenmenschlich schon längst ein Kuddelmuddel ab, das weniger zivilisatorischer Hochentwicklung, sondern eher dem Brunftgebaren auf dem Gorillafelsen gleicht. Nur mit noch mehr Sex, Gewalt, Bier und ökonomischen Zwängen: Oktoberfest halt.

Regisseur Christoph Roos vermischt diesen testosterongesteuerten Paarungs-Rummel mit schrill verzerrtem Volksmusik- und Lederhosen-Terror und lässt dazu auf der zentralen Drehscheibe mit vielsagender Schwarzweißspirale die Puppen tanzen: eine ganz Catchy-Groteske mit grässlichen Figuren, die aber trotz ihrer Verlorenheit ihren Zuschauern hin und wieder etwas zeitlos Wiedererkennbares anbieten. Oder zumindest eine Art schöne Poesie des Scheiterns entstehen lassen.

Wir haben Weltwirtschaftskrise, und Kasimir hat seinen Job als Chauffeur verloren. Seine Liebschaft Karoline will trotzdem feiern gehen, aufs Oktoberfest, wo sie durch die Begegnung mit dem schnieken Schürzinger (sehr biegsam: Raphael Westermeier) in ihren eh schon wackligen, kleinbürgerlichen Grundfesten schwerst verunsichert wird: Wenn der Partner arbeitslos wird, geht auch die Liebe flöten, weiß Schürzinger, und prompt besinnt sich Karoline auf das momentane Überangebot an interessierten Männern – so scheußlich sich diese auch gebärden.

Und darauf, dass sie eigentlich sowieso zu Höherem berufen ist. Karoline schmeißt sich deshalb an die Alpha-Affen ran, zumal die auch besser gelaunt sind als Kasimir. Den vermeintlichen Premiumskerlen geht es aber auch nur um quick and dirty-Oktoberfest­romantik, und selbst vom integren Schürzinger wird Karoline verraten. Nebenbei kommt es immer wieder zu Streitszenen mit Kasimir, die sich vor allem durch mangelndes Kommunikationsvermögen auszeichnen. So erfüllt das Stück sämtliche Proletarier- und Geschlechterklischees.

Auch die Moral von der Geschichte ist ein wenig zweifelhaft: Will uns das Stück mitteilen, dass alle Männer einfach Arschlöcher sind und Liebe durch den Geldbeutel geht? Oder will es uns vorführen, dass Frauen, die sich hochschlafen wollen, zum Scheitern verurteilt sind? Schusterin-bleib-bei-deinen-Leisten-mäßig. Der LTT-Hausregisseur legt sich jedenfalls nicht fest, wer sich am Ende mit wem zusammentut. Ist aber eh egal, weil sowieso alles auf die Frage hinausläuft, ob der Mensch die Verhältnisse prägen kann, oder ob es die Verhältnisse sind, die den Menschen prägen. Kasimir und Erna sind sich sicher: Der Mensch an sich ist nicht schlecht, sondern es sind die Verhältnisse. Aber die sind ja von Menschen gemacht – ein Argumentationskarussell, genauso wie die tolle Drehscheibe von Bühnenbildnerin Gesine Kuhn, auf der die Figuren tanzen, taumeln und schwanken.

Christoph Roos geht die Sache sehr dynamisch an, laute, schrille, brutale Szenen wechseln sich mit stillen Passagen und sentimentalen Momenten ab, in denen die Leute (in Bierlaune) anfangen zu philosophieren und in ihrer schlichten Art und mit ihrer Kunstsprache zwischendurch ganz goldig rüberkommen. Auch wenn sie ziemlich gewalttätig sind, allen voran die Nebenfiguren: Patrick Schnicke als grenzdebiler Kleinkrimineller, der, wenn er nicht gerade Autos knackt, seine leicht verstrahlte Freundin Erna (Jennifer Kornprobst) abwechselnd mit Sex und Gewalt behandelt. Rolf Kindermann als großspuriger High-Performer im Pelzmantel weiß dagegen seine chauvinistischen Praktiken weitaus subtiler anzuwenden, ihm zur Seite steht Martin Bringmann als antisemitischer Bierzelt- und Lederhosen-Zorro.

Der Gemütlichkeits-Volksmusik-Wahnsinn wird derb ins Groteske gezerrt, grotesk sind auch die Einspieler mit Sabine Weithöner und Susanne Weckerle als offenherzige Wies’nbräute mit ihrem ordinären Abnormitätenkabinett: Jahrmarktapokalypse.

Robin Walter Dörnemann als Kasimir bleibt bei diesem Affentheater bewusst etwas blass: Der Oktoberfest-Woyzeck ist mit dem Leben überfordert, während Franziska Beyer als Karoline ständig zwischen ihren vermeintlichen Möglichkeiten hin- und hergeworfen wird. Krampfhaft versucht sie, aus kleinen Chancen was zu machen, taugt aber auch nicht unbedingt als Vorbild emanzipatorischen Schaffens: Hier kommt halt keiner aus seiner erbärmlichen Rolle heraus.


[schliessen]


Reutlinger General-Anzeiger, 2. Mai 2017

Die Gesellschaft auf der Achterbahn

(von Thomas Morawitzky)

Ödön von Horváths gesellschaftskritische Liebesgeschichte "Kasimir und Karoline" am LTT.

[mehr lesen]






© 2016     Landestheater Württemberg-Hohenzollern Tübingen Reutlingen Impressum