Michael Ruchter, Laura Sauer, Heiner Kock, Daniel Tille · Foto: Martin Sigmund
Michael Ruchter, Heiner Kock · Foto: Martin Sigmund
Michael Ruchter, Daniel Tille · Foto: Martin Sigmund
Michael Ruchter · Foto: Martin Sigmund
Heiner Kock, Thomas Zerck, Daniel Tille, Michael Ruchter, Laura Sauer · Foto: Martin Sigmund
Daniel Tille, Thomas Zerck, Michael Ruchter · Foto: Martin Sigmund
Thomas Zerck, Heiner Kock, Michael Ruchter, Laura Sauer, Daniel Tille · Foto: Martin Sigmund
Heiner Kock · Foto: Martin Sigmund
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Thomas Zerck · Foto: Martin Sigmund
Daniel Tille, Heiner Kock · Foto: Martin Sigmund
Laura Sauer, Daniel Tille, Michael Ruchter, Thomas Zerck, Heiner Kock · Foto: Martin Sigmund
Daniel Tille, Heiner Kock, Thomas Zerck · Foto: Martin Sigmund
Thomas Zerck, Michael Ruchter, Laura Sauer · Foto: Martin Sigmund

Herz der Finsternis

Schauspiel nach der Erzählung von Joseph Conrad Übersetzung von Manfred Allié


Esslinger Zeitung, 19. Mai 2017

Alptraum einer Unterwerfung

(von Elisabeth Maier)

Kolonialgeschichte aus ungewohnter Perspektive: Carina Riedl inszeniert „Herz der Finsternis“ am Landestheater Tübingen

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Reutlinger Nachrichten, 12. Mai 2017

Gruseliger Seelentrip

(von Kathrin Kipp)

Das Landestheater Tübingen hat Joseph Conrads Kolonial-Novelle "Herz der Finsternis" auf die Bühne gebracht. Eine Reise ins Unterbewusste.

Carina Riedl bringt die Kolonial-Novelle „Herz der Finsternis“ von 1899 als gruseligen Seelentrip auf die Bühne. Ein Fest nur für hartgesottene Erzähltheaterfans. Selten kommt man so verwundet aus dem Theater, aber der sperrige, wüste Text tut einfach weh. „Herz der Finsternis“ (1977 verfilmt von Francis Ford Coppola als „Apokalypse Now“) ist ein Festival des Morbiden.

Joseph Conrad schildert auf schwülstige, symbolistische, atmosphärische Weise, wie Captain Marlow mit einem Dampfer auf dem Kongo-Fluss zur sogenannten „Inneren Station“ schippert. Dort soll er den exzentrischen und durchgeknallten Elfenbein-Agenten Kurtz abholen, der sich als örtlicher Kolonialfürst ein Reich voller Gewalt und Ausbeutung geschaffen hat, ein ausschweifendes Leben führt und sich von den Wilden als Gott verehren lässt. Was ihm letztendlich nicht allzu gut bekommt: Kurtz ist kurz vorm Dahinsiechen, und auf der Überfahrt stirbt er dann auch.

Mit der Beschreibung der Expedition ins Ungewisse wurde offenbar zum ersten Mal literarisch auf die Gräueltaten der Kolonialisten hingewiesen, sie strotzt aber selbst vor lauter eurozentristischer Herrenmenschdenke. Andererseits fungiert die Reise über den afrikanischen Lethe als Folie für die Reise in das dämonische Innerste der menschlichen Spezies, wo sich ein teuflischer Abgrund auftut.

Wenn sich die Gelegenheit ergibt, entwickelt sich der zivilisierten Mensch zu einer grausamen Bestie. Und so herrscht auf dem Weg ins Herz der Finsternis eine geheimnisvolle, unwirkliche, feuchtschwüle, morbide und teuflisch-gefährliche Atmosphäre, die Conrad mit dem Gebrauch zahlreicher komplizierter sprachlicher Gebilde und noch mehr Adjektiven zum Ausdruck bringt.

Mit von der schaurigen Partie sind mysteriöse weiße „Pilger“, die wild um sich schießen. Bei den Eingeborenen wiederum löst das Geisterschiff solche (begründete) Angst aus, dass sie heulen und zähneklappern, ebenfalls schießen oder einfach nur starren. Marlow begegnet einem ganzen Sammelsurium voller Fratzen und ausgemergelter Körper, alles ist modrig, verfault, dekadent, schwül und verdorben, der Untergang kann nicht weit sein.

Vielleicht sind Marlow und Kurtz auch nur zwei Seiten ein- und derselben Persönlichkeit. Dem Text kann man jedenfalls kaum folgen: ein Wirrwarr und Wust aus Figuren und Atmosphären, Bildern, Symbolen, Metaphern, kurz: die vieldeutige Reise ins Unbewusste, Grausame Ich ist anstrengend und verwirrend.

Wie auch immer: Carina Riedl belässt den gekürzten Erzähltext in seinem kolonialen Setting, pflanzt ihn in einen herrschaftlichen, rotgewandeten Salon, mit Blick auf sämtliche Afrika-Klischees, die in Glasvitrinen ausgestellt sind (Bühne: Fatima Sonntag): jede Menge Busch, Holzmasken, schwarze Skulpturen, Terrarien mit vermutlich wilden Tieren und ein leerer Glaskasten für die übrigen Phantasien.

Von der Decke tropft Wasser. Eine weißgekleidete Frau (Thomas Zerck) spielt die Trommel, sie ist eine der fünf unbenamsten Nebenfiguren der 100-minütigen Höllenfahrt (...).

Michael Ruchter tapst als schwarze Witwe, als „Norne“, eine nordische Mythenfigur, über die Bühne, Heiner Kock steht als selbstherrlicher, zynischer und jähzorniger  „Weißer Mann“ und Buchhalter gerne mal auf seinem Schreibtisch. Daniel Tille als „Ziegelbrenner“ sieht in seinem Lederfrack an sich schon etwas brutal aus, und Laura Sauer klettert als „Narr“ durch die Szenerie oder versteckt sich im Glaskasten. Elemente der „Geschichte“ finden sich als Requisiten wieder.

Carina Riedl konterkariert die stark bebilderte und kreativ choreografierte Reise ins Unterbewusste, die sich ein wenig ausnimmt wie ein Wimmel-Bild von Hieronymus Bosch, an dessen Drogenvorrat sich vermutlich auch Joseph Conrad bedient hat, um so etwas zu schreiben, mit Szenen von den Berliner Afrika-Konferenzen der 1880-er, auf denen sich die Weltherren Afrika untereinander aufteilen. Und die sich zu royaler Musik wie die Geier auf die Beute stürzen: ein Guglhupf, der zu kleinsten Krümel zerrupft wird – eine Riesensauerei.

Auf diesen Konferenzen wurde der Grundstock gelegt unter anderem für die Ausbeutung und den Mord an 10 Millionen Einwohnern im Kongo durch den belgischen König Leo II. Unter dem Deckmäntelchen von Bildungsoffensive, Entwicklungshilfe und wirtschaftlichem Fortschritt. Ähnlichkeiten zu heutigen Verhältnissen sind natürlich rein zufällig. Am Ende stürzen die Wände ein – was immer das bedeuten mag.


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Schwäbisches Tagblatt, 2. Mai 2017

Das Pfeifen im Regenwalde

(von Wilhelm Triebold)

Das Landestheater bewältigt mit der Bühnenfassung von Joseph Conrads Erzählung "Im Herz der Finsternis" die koloniale Vergangenheit ...

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Reutlinger Generalanzeiger, 2. Mai 2017

Tanz um die Afrika-Vitrine

(von Armin Knauer)

Das LTT bringt die berühmte Joseph-Conrad-Erzählung »Herz der Finsternis« auf die Bühne

Den Artikel lesen Sie hier GEA - Herz der Finsternis

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Schwäbisches Tagblatt, 28. April 2017

Das Dunkel im eigenen Inneren

(von Kerstin Grübmeyer (LTT-Vorbericht))

Joseph Conrads Roman "Herz der Finsternis" ist einer der berühmtesten Texte über die belgische Kolonialzeit im Kongo und prägt den europäischen Blick auf einen ganzen Kontinent bis heute. Carina Riedl hat den Stoff, wie schon andere vor ihr, fürs Theater adaptiert. LTT-Dramaturgin Kerstin Grübmeyer sprach mit ihr.

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